Der Weltkrieg am 4. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erstürmung der Loretto-Höhe bei Arras

Großes Hauptquartier, 4. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Ein französischer Munitionsdampfer, für Nieuport bestimmt, fuhr durch ein Versehen der betrunkenen Besatzung Ostende an, erhielt dort Feuer and sank. Die verwundete Besatzung wurde gerettet.
Auf der Loretto-Höhe, nordwestlich Arras, setzten sich unsere Truppen gestern früh in den Besitz der feindlichen Stellungen in einer Breite von 1600 Meter. 8 Offiziere, 558 Franzosen wurden gefangengenommen, 7 Maschinengewehre und 6 kleinere Geschütze erobert. Feindliche Gegenangriffe wurden nachmittags abgeschlagen.
Erneute französische Angriffe in der Champagne wurden leicht abgewiesen.
Ein französischer Vorstoß westlich St. Hubert in den Argonnen mißlang. Im Gegenangriff entrissen wir den Franzosen einen Schützengraben, auch im Walde von Chippy scheiterte ein französischer Angriff.
Eine der letzten Eiffelturmveröffentlichungen brachte die Nachricht, daß eine deutsche Kolonne beim Marsch über die Höbe von Tahure mit Erfolg beschossen worden sei. Wir müssen die ausnahmsweise Richtigkeit dieser Nachricht bestätigen. Die Kolonne bestand aber aus abgeführten französischen Gefangenen, unter denen ein Verlust von 38 Mann tot, 5 verwundet eintrat.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Angriffe nordwestlich Grodno gerieten in unser flankierendes Artilleriefeuer und scheiterten. Auch nordöstlich Lomza brachen die russischen Angriffe unter schweren Verlusten zusammen. 
In Gegend südlich von Myszinice und Chorzele sowie nordwestlich Prasznysz erneuerten die Russen ihre Angriffe. Auf übriger Front keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Bilanz der neuen Offensive in der Champagne

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Für die Beurteilung des Erfolges der seit einiger Zeit in der Champagne unternommenen heftigen französischen Angriffe, die wir selbst wiederholt als völlig fehlgeschlagen bezeichnet haben, weil sie nur einen Sinn hätten, wenn es gelänge, unsere Linien zu durchbrechen, mag es nützlich sein, aus neutralem Munde folgende sehr zutreffende Kritik zu lesen, die wir im "Basler Anzeiger" finden:
"Der Vorstoß der Franzosen bei Perthes und Le Mesnil wird in seinem Erfolg am besten charakterisiert durch die französischen Bulletins selbst, die wochenlang meldeten, dass "nördlich" von Le Mesnil deutsche Schützengräben genommen worden seien, um schließlich am letzten Freitag zu melden, daß sie nördlich von Le Mesnil " angekommen" seien. Der Erfolg ist also ungefähr gleich Null, trotzdem versuchen die Franzosen immer erneut, an dieser Stelle durchzubrechen. Der Grund dafür ist naheliegend. In der Champagne bei Perthes, Souain, Le Mesnil können die Franzosen an die deutschen Stellungen herangelangen, ohne vorher einen breiten Talgrund durchschreiten zu müssen, wie weiter im Westen, wo auch die kleinste Bewegung vom Gegner eingesehen werden kann. Zudem liegt dort dicht hinter den deutschen Linien eine wichtige Bahnlinie, die schon bei geringem Vordringen der Franzosen unterbrochen werden kann. Wie wenig hoch übrigens die Franzosen ihre Erfolge in diesem Gebiet selbst einschätzen, geht aus einer etwas ironischen Bemerkung des militärischen Mitarbeiters des "Temps" hervor, der meint, daß er den Höhenzug, dessen Rand die Franzosen besetzt haben wollten, auf der Karte nirgends finden könne. Demgegenüber haben die Deutschen auf der gesamten Vogesenlinie recht wesentliche Erfolge erzielt, aber offenbar nur gegen die Vorstellungen der Franzosen, während die Hauptstellungen noch unerschüttert sind. Es ist ganz außer Zweifel und läßt sich bei einem genauen Studium der Karte leicht nachweisen, daß ungefähr seit der Schlacht bei Soissons die französischen Berichte wieder anfangen, etwas "frisiert" zu sein. Ob dies nur dem Bestreben der Abschnittskommandanten zuzuschreiben ist, möglichst günstig berichten zu können, oder ob die vorgesetzte Stelle selbst etwas retouchiert, ist nicht zu entscheiden. Es ist ja selbstverständlich, daß jede Partei versuchen wird, die eigenen Erfolge möglichst herauszustreichen und die des Gegners herabzusetzen. Wenn aber wochenlang nördlich Le Mesnil Schützengräben genommen werden, um dann schließlich nördlich Mesnil "anzukommen", so ist zum mindesten nicht sehr geschickt retouchiert worden."

 

Bundesratsbeschlüsse

Berlin, 4. März. (W. B.)
In der heutigen Sitzung des Bundesrats gelangten zur Annahme:
Die Bekanntmachung über die Beschränkung der Zuckererzeugung im Betriebsjahr 1915/16, der Entwurf von Bestimmungen für die Vornahme einer Zwischenzählung der Schweine am 15. März und 15. April 1915; die Änderung der Grundsätze für die von der Reichsverteilungsstelle vorzunehmende Verteilung der Vorräte; die Vorlage betreffend Erhebungen der Vorräte an Kartoffeln; der Entwurf der Verordnung betretend die Beschäftigung der Gefangenen mit Außenarbeit; die Bekanntmachung über eine weitere Regelung des Branntweinverkehrs; die Vorlage betreffend eine Änderung der Militärtarife für die Eisenbahnen; der Entwurf der Bekanntmachung betreffend die Fristen des Wechsel- und Scheckrechts für Elsaß-Lothringen usw.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Abgeschlagener russischer Angriff bei Baligrod

Wien, 4. März.
Amtlich wird verlautbart:
An der Biala südöstlich Zakliczyn wurden gestern vorgehende russische Truppen nach blutigem Kampfe zurückgeworfen. Beiderseits des Latorcza-Tales und auf den Höhen nördlich Cisna dauern die Kämpfe, stellenweise auch nachts, an. Überall, wo es unseren Truppen gelungen ist, Raum zu gewinnen, unternimmt der Feind wiederholt Gegenangriffe, die stets blutig zurückgeschlagen wurden. Besonders entlang der Straße von Baligrod versuchten die Russen während dichten Schneegestöbers mit starken Kräften vorzustoßen. Der Angriff, der bis auf die nächsten Distanzen herangekommen war, brach schließlich unter großen Verlusten des Gegners in unserem Geschütz- und Maschinengewehrfeuer vollkommen zusammen.
An den übrigen Fronten keine wesentliche Änderung, nur Geschützkampf.
Vor Przemysl herrscht Ruhe.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Beschießung der Dardanellen

Konstantinopel, 4. März. (Priv.-Tel.)
Die Angriffe der feindlichen Flotten richteten sich auch heute wieder gegen die Außenforts der Dardanellen, die nach jedesmaligem Bombardement über Nacht wieder neu zu entstehen scheinen. Das Ergebnis der heutigen und gestrigen Angriffe entsprach trotz des großen Munitionsaufwandes der feindlichen Flotte demjenigen der letzten Tage.
Der nach Saloniki zurückgezogene Kreuzer "Saphir" hat schwere Beschädigungen erlitten. Gleich nach seinem Eintreffen wurden zwei Zinksärge und Medikamente für die Einbalsamierung bestellt. Das läßt darauf schließen, daß höhere Offiziere getötet worden sind. Der "Tanin" versichert, noch zwei andere beschädigte Kriegsschiffe, eines vom Typus der "Defence", hätten Saloniki als Zufluchtsort aufgesucht.
Die türkische Presse fragt, wie es mit der Neutralität Griechenlands vereinbar sei, daß die feindlichen Schiffe länger als 24 Stunden in Saloniki verbleiben und jedwede Vergünstigung erfahren, ohne desarmiert zu werden.

Konstantinopel, 4. März. (W. B.)
Über das gestrige Bombardement der Dardanellen telegraphiert der dortige Korrespondent der Agence Milli: Vier feindliche Panzerschiffe, umgeben von mehr als zehn Torpedobooten, beteiligten sich an dem Bombardement, ohne bei den Batterien, die das Feuer sofort erwiderten, irgend welchen Schaden anzurichten. Die feindlichen Schiffe entfernten sich wie gewöhnlich. Vier französische Panzerschiffe gaben eine Anzahl Schüsse gegen Bulair ab, trafen aber nur die englischen Grabstätten, die sich dort bekanntlich seit 1854 befinden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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