Der Weltkrieg am 25. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Prasznysz im Sturm genommen - 15000 Russen gefangen

Großes Hauptquartier, 25. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Champagne setzte der Gegner gestern seine verzweifelten Angriffe fort; sie blieben, wie die vorhergehenden, trotz der eingesetzten starken Kräfte ohne den geringsten Erfolg.
Sonst nichts Wesentliches.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Gefechte am Njemen, Bobr und Narew dauern an.
Die festungsartig ausgebaute Stadt Prasznysz wurde gestern von ostpreußischen Reservetruppen nach hartnäckigen Kämpfen im Sturm genommen. Über 10 000 Gefangene, über 20 Geschütze, ein großes Lager von Maschinengewehren und sehr viel Gerät fielen in unsere Hand.
In anderen Gefechten nördlich der Weichsel sind in den letzten Tagen 5000 Gefangene gemacht.
In Polen südlich der Weichsel besetzten die Russen nach einem mit fünffacher
Überlegenheit ausgeführten Angriff das Vorwerk Mogily (südöstlich Bolimow).
Sonst nichts Wesentliches.
Bemerkenswert ist, daß der bei Augustow gefangengenommene Kommandeur der russischen 57. Reservedivision deutsche Offiziere fragte, ob es wahr sei, daß das von den Deutschen belagerte Antwerpen bald fallen würde. Als ihm darauf die Lage im Westen erklärt wurde, wollte er nicht daran glauben, daß das deutsche Westheer auf französischem Boden steht.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Kämpfe bei Wirballen


General v. Lauenstein

Berlin, 25. Februar.
Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über die Kämpfe bei Wirballen am 10. Februar geschrieben.
Unter den größten Anstrengungen, welche die tiefverschneiten Wege verursachten, waren die Truppen des Generals v. Lauenstein am 2. Februar an den Feind herangekommen und warfen diesen in leichten Kämpfen aus dem Schureller Forst hinaus. Wie aus erbeuteten russischen Befehlen hervorgeht, glaubte der Gegner sich vor dem deutschen Ansturm in eine bereits wohlvorbereitete Stellung Pillkallen - Stallupönen zurückziehen und dort behaupten zu können, aber der starke Flankendruck, den die deutsche Offensive ausübte, zwang den Feind zum Aufgeben dieses Planes und veranlaßte ihn, sich nach einer dritten, gleichfalls vorbereiteten Stellung südlich Wirballen zurückzuziehen. Es waren anderthalb russische Divisionen, die sich am Nachmittag des 10. Februar dort einfanden und in Eydtkuhnen, Kibarty und Wirballen zur Ruhe übergingen. Obwohl man vom Anmarsch der deutschen Kräfte wußte, hielt man es für ausgeschlossen, daß die Deutschen bei dem herrschenden Schneesturm an diesem Tage noch herankommen könnten. Man wiegte sich derart in Sicherheit, daß man sogar auf das Ausstellen irgendwelcher Sicherungsposten gänzlich verzichtete. Nur so konnte es kommen, daß die Angreifer, die sich durch die Naturgewalten nicht aufhalten ließen, noch am 10. Februar an die russische Unterkunft herankamen, allerdings nur mit Infanterie und einigen Geschützen, denn alles übrige war in den Schneewehen steckengeblieben. Es war Abend, als Eydtkuhnen, und es war Mitternacht, als Wirballen überfallartig angegriffen und erstürmt wurde. Auf der Chaussee standen zwei russische Batterien mit zwölf Geschützen und einer großen Anzahl von Munitionswagen, anscheinend rastend. An sie kam die deutsche Infanterie, ohne einen Schuß zu tun, bis auf 50 Meter heran. Die sämtlichen Pferde wurden niedergeschossen und die Geschütze und Munitionswagen genommen. Der Rest der Bedienung flüchtete. Sowohl in Eydtkuhnen wie in Wirballen kam es dann zu nächtlichen Straßenkämpfen, die mit der Gefangennahme von 10000 Russen endeten. Die Zahl der Gefangenen war so groß, daß man kaum wußte, was man mit ihnen anfangen sollte. Nach der Einnahme der beiden Orte fielen auch die dortigen Bahnhöfe in deutsche Hände, mit ihnen eine schier unermeßliche Beute. Es standen hier drei Lazarett- und ebensoviel Verpflegungszüge. Einer dieser Züge war der Lazarettzug der Zarin, der von dem Fürsten Lieven und zahlreichem Personal begleitet wurde. In ihm fand der Stab des Generals v. Lauenstein ganz unerwartet ausgezeichnetes Nachtquartier. Die übrigen Züge waren mit einer großen Menge Hafer, ausgezeichneten Konserven, sehr viel Schokolade, ferner mit Stiefeln und Pelzwesten in großer Zahl beladen. Jeder berittene deutsche Soldat war imstande, eine Pelzweste an sich zu nehmen, augenblicklich noch wichtiger war aber für die seit zwei Tagen auf eiserne Portion angewiesene deutsche Truppe die Erbeutung von 110 russischen Feldküchen, die fast durchweg mit warmem Essen gefüllt waren. Man kann sich den Jubel unserer siegreichen Truppen vorstellen, als diese Beute in ihre Hand gefallen war. Es war augenblicklich der schönste Lohn für die junge Truppe, die an diesem Tage teilweise zum erstenmal ins Gefecht gekommen war und sich glänzend geschlagen hatte.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortschreitender Angriff südlich des Dnjestr

Wien, 25. Februar, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
In Russisch-Polen keine Veränderung.
An der westgalizischen Front brachte der Vorstoß einer Gefechtsgruppe, die den Russen östlich Grybow mehrere Stützpunkte entriß, 560 Gefangene und 6 Maschinengewehre ein.
In den Karpathen ist wieder starker Schneefall eingetreten, der die Kampftätigkeit beeinflußt. Die allgemeine Situation hat sich nicht geändert.
Der Angriff unserer Truppen in den Gefechten südlich des Dnjestr schreitet mit Erfolg vorwärts. In den Kämpfen am 21. und 22. Februar wurden 10 Offiziere und 3338 Mann gefangen.
In der Bukowina herrscht Ruhe.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Kämpfe in Südwestafrika

London, 25. Februar.
Das Reutersche Bureau meldet aus Garub vom 22. Februar:
Die Truppen des Brigadegenerals Mackenzie sind unter dem Befehl des Obersten Deves heute früh in Garub eingerückt. Eine vorgeschobene Abteilung hatte nachts die umliegenden Höhen besetzt. Sie fand, daß der Feind die Stellungen geräumt hatte. Die Hauptmacht fand keinen Widerstand.
Das Reutersche Bureau meldet aus Kapstadt:
In der Nacht vom 22. Februar rückten unsere Nordtruppen vor und besetzten nach einem Angriffe Nonidas und Goanikomtes. Auf unserer Seite sind bisher keine Verluste gemeldet. (Beide Orte waren offenbar gar nicht besetzt.)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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