Seeschlacht
in der Nordsee - Ein englischer Schlachtkreuzer und S. M. S. "Blücher"
gesunken
Hipper
Berlin, 24.
Januar. Bei einem Vorstoß S. M. Panzerkreuzer "Seydlitz",
"Derfflinger", "Moltke" und "Blücher"
in Begleitung von vier kleinen Kreuzern und zwei Torpedobootsflottillen
in die Nordsee kam es heute vormittag zu einem Gefecht mit englischen
Streitkräften in der Starke von fünf Schlachtkreuzern, mehreren
kleinen Kreuzern und 26 Torpedobootzerstörern. Der Gegner brach
nach drei Stunden 70 Seemeilen Westnordwest von Helgoland das Gefecht
ab und zog sich zurück. Nach bisheriger Meldung ist auf englischer
Seite ein Schlachtkreuzer, von unseren Schiffen der Panzerkreuzer
"Blücher" gesunken. Alle übrigen deutschen Streitkräfte
sind in die Hafen zurückgekehrt.
Der stellvertretende
Chef des Admiralstabes. gez. Behncke.
Halbamtlicher
Bericht: Über das Seegefecht, das am Sonntag in der Zeit von etwa
9 Uhr vormittags bis gegen 12 ½ Uhr mittags stattgefunden hat, sind
inzwischen nähere Berichte eingegangen, die die ersten amtlichen
deutschen Meldungen nicht nur in vollem Umfange bestätigen, sondern
sie in gleicher Richtung ergänzen. Diese Tatsache möge vorweg festgestellt
sein, da von englischer Seite heute die Angabe wiederholt wird,
daß am Sonntag kein englisches Schiff verloren gegangen sei. Es
verdient allerdings hervorgehoben zu werden, daß die "amtliche"
Meldung nicht von der britischen Admiralität herrührt, vielmehr
unter der Flagge des Reuterschen Bureaus in die Welt gesandt wird.
Der englischen Ableugnung gegenüber ist daran festzuhalten, daß
in dem Gefecht bei Helgoland tatsächlich ein britischer Schlachtkreuzer
gesunken ist. Das steht außer Zweifel. Sein Untergang wurde von
einem Zeppelinkreuzer, der über der Kampfsmitte schwebte, ferner
von unserem Panzerkreuzer "Moltke" sowie von dem Torpedoboote
beobachtet, das dem schon schwer beschädigten britischen Kriegsschiff
zwei Torpedoschüsse beibringen konnte. Wie schon bekannt ist,
nahmen auf deutscher Seite an dem Gefechte vier große Kreuzer, mehrere
kleine Kreuzer und zwei Torpedobootsflottillen teil. Die deutschen
Schiffe waren auf Fahrt mit westlichem Kurse. westnordwestlich von
Helgoland. Vermutlich bewegten sie sich in der normalen Formation
der einfachen Kiellinie , d. h. die vier großen Kreuzer an der Spitze,
darauf die kleinen Kreuzer; die Torpedoboote in der Nahe der großen
Kreuzer. Der englische Verband kam aus der Richtung von der englischen
Küste. Welche Ziele die englischen Seestreitkräfte verfolgten, ist
hier natürlich nicht bekannt. Möglich ist, daß sie lediglich Patrouillendienst
zu versehen hatten. 120 Seemeilen westnordwestlich von Helgoland
wurde der Feind gesichtet. Darauf wechselte unser Verband den Kurs,
indem er südöstlichen Kurs nahm. Dieses Manöver hatte offensichtlich
den Zweck, den Gegner nach der deutschen Küste heranzuziehen, wo
möglicherweise Helgoland eingreifen, vielleicht auch deutsche Unterseeboote
oder die deutsche Minensperre sich wirksam erweisen konnten. Nicht
ohne Einfluß auf die Entschließung des deutschen Admirals mögen
auch Rücksichten auf Wind- und Beleuchtungsverhältnisse gewesen
sein, die bekanntlich für den Verlauf von Seekämpfen von Bedeutung
sind. Als die beiden Gegner sich in südöstlicher Richtung
bewegten, war die deutsche Linie gegen die englische um eine Strecke
vorgeschoben. In südöstlicher Richtung verlief das Gefecht und näherte
sich bis auf 70 englische Meilen Helgoland. Als die beiderseitigen
Streitkräfte etwa 20 Kilometer voneinander entfernt waren , eröffnete
der britische Admiral das Feuer. Der Kommandant der deutschen Streitkräfte,
Admiral Hipper, hatte auf dem "Seydlitz", der die Spitze hielt,
seine Flagge gesetzt. Der "Blücher" fuhr als letzter
der großen Kreuzer. Mit Rücksicht auf den "Blücher" mußte die
Fahrgeschwindigkeit auf höchstens 25 Seemeilen gehalten werden,
wahrend die englischen Schiffe ihre Geschwindigkeit auf 28 Seemeilen
steigern konnten, wodurch sie selbstverständlich im Vorteil waren.
Trotz dieser Überlegenheit suchten die Engländer nicht näher an
die deutschen Schiffe heranzukommen , sondern aus einer Entfernung
von zunächst 20 Kilometer Treffer zu erzielen. Später verminderte
sich die Entfernung auf etwa 15 Kilometer. Von den Engländern wurde
der "Blücher“ unter starkes Feuer genommen. Durch einen schweren
Schuß erlitt er bald nach Beginn des Kampfes Maschinen-Havarie,
legte über, setzte aber den Kampf fort. Die anderen deutschen Schiffe
konnten ihm keine Hilfe bringen, da sie im Kampfe fortfahren mußten.
So konnten sich dem "Blücher", der in seiner Manövrierfähigkeit
naturgemäß stark beeinträchtigt war, englische Torpedoboote nähern,
und seinen Untergang durch Torpedoschüsse vollenden. Um 12 Uhr 37
Minuten wurde eine heftige Explosion vernehmbar, wonach der "Blücher“
sank. Den Engländern kostete der Kampf mit dem "Blücher“, wie
sicher feststeht, zwei Torpedobootszerstörer, die durch ihn vernichtet
wurden. Aus dem schon angegebenen Grunde konnten unsere Streitkräfte
sich auch am Rettungswerk nicht beteiligen. Die Überlebenden des
"Blücher“ der am weitesten nach der Richtung Englands stand,
wurden von leichten englischen Streitkräften aufgenommen. Die Zahl
der Geretteten ist nach den neuesten Berichten auf 200 gestiegen. Der
Kampf war inzwischen weitergegangen und wurde dann von dem englischen
Admiral abgebrochen. Über die Gründe dieses Entschlusses ist man
auf deutscher Seite auf Mutmaßungen angewiesen. Unmittelbar kann
Helgoland hierauf nicht eingewirkt haben, da es immer noch 70 Seemeilen
entfernt war. Ob die Annäherung an die deutsche Küste ihm unbehaglich
war, ob er Besorgnisse wegen deutscher Unterseeboote hatte oder
ob das Ausscheiden eines seiner Schlachtkreuzer maßgebend war, entzieht
sich für uns der Feststellung. Der zuletzt angeführte Grund ist
der wahrscheinlichste. Tatsache ist, daß ein Schlachtkreuzer zurück
blieb und in Dunst und Rauchwolke, in die Nähe eines deutschen Torpedobootes
geriet, durch daß er zweimal mit Torpedoschüssen getroffen wurde.
Sein Untergang ist, wie schon hervorgehoben wurde, unbedingt sicher
festgestellt. Stellt man diesen Verlust dem Untergang des "Blücher"
gegenüber, so ist der englische Verlust schon hier beträchtlich
größer, da es sich bei den Engländern um einen modernen Schlachtkreuzer
handelt. Außerdem wurden an den englischen Schiffen schwere Beschädigungen
bedachtet, so das Umfallen von Masten und Schornsteinen. Englische
Berichte geben ferner selbst zu, daß der Schlachtkreuzer "Lion“
einen Unterwassertreffer erhalten und, da einige Abteilungen
volliefen,
vom "Indomitable" in Schlepp genommen werden mußte. Aus
dem Umstande, daß nach englischen Angaben zehn Mann des "Lion"
getötet und zehn verwundet wurden, ergibt sich, daß andere deutsche
Schüsse den Panzerschutz durchschlagen und somit erheblich Schaden
angerichtet haben müssen. Von deutscher Seite wurde weiter beobachtet,
daß auf einem anderen britischen Schlachtkreuzer durch Treffer ein
großer Brand und Maschinen-Havarie entstand. Dazu kommt der Verlust
an Torpedobootzerstörern. Außer den schon erwähnten Fahrzeugen dieser
Art, die der „Blücher" in Grund geschossen hat, ist ein Zerstörer
durch ein deutsches Unterseeboot vernichtet worden. Ein vierter
Zerstörer ("Meteor") hat so schwere Beschädigungen erlitten,
daß er in Schlepp genommen werden mußte. Die kleinen Kreuzer haben
auf beiden Seiten am Kampfe nicht teilgenommen. Vom "Blücher“
abgesehen, haben unsere Schiffe nicht wesentlich gelitten. Einer
unserer Kreuzer ist völlig unbeschädigt geblieben. Auf einem anderen
wurden durch einen Volltreffer geringer Sachschaden sowie Verluste
einiger Menschenleben verursacht. Ein dritter Kreuzer hatte eine
unbedeutende Schußverletzung und zwei Tote zu verzeichnen. Von den
deutschen Torpedobooten ist keines gesunken noch beschädigt worden;
auch sind keine Menschenverluste zu beklagen. So steht es in
Wahrheit um das Gefecht bei Helgoland, das die englische Presse
zu einem großen Siege aufgebauscht hat. Gewiß empfinden wir lebhaftes
Bedauern um den Untergang des "Blücher" und den Verlust
mehrerer Hundert braver deutscher Seeleute. Diese starben den Heldentod,
dem sie mit Mut und unbeirrbarer Pflichttreue entgegengingen. Mit
Befriedigung aber können wir auf den Ausgang dieses Gefechtes zurückblicken,
das wahrlich nicht zuungunsten Deutschlands ausgegangen ist.
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