Der Weltkrieg am 24. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erfolgreicher Angriff bei Borzymow

Großes Hauptquartier, 24. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Der 23. Januar verlief im allgemeinen ohne besondere Ereignisse. 
Im Argonnenwald wurden zwei französische Angriffe mühelos zurückgewiesen.
In den Vogesen, am Hartmannsweilerkopf und nordöstlich Steinbach, machten wir Fortschritte und nahmen 50 französische Jäger gefangen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
In Ostpreußen und im nördlichen Polen keine Veränderung.
Unser Angriff gegen den Sucha-Abschnitt bei Borzymow war erfolgreich; feindliche Gegenangriffe wurden unter schweren Verlusten für die Russen abgeschlagen.
Russische Angriffe in Gegend nordwestlich Opozno scheiterten. 

Oberste Heeresleitung. 1)

 

S. M. S. "Blücher"
S. M. S. "Blücher"

Seeschlacht in der Nordsee - Ein englischer Schlachtkreuzer und S. M. S. "Blücher" gesunken

Hipper
Hipper

Berlin, 24. Januar.
Bei einem Vorstoß S. M. Panzerkreuzer "Seydlitz", "Derfflinger", "Moltke" und "Blücher" in Begleitung von vier kleinen Kreuzern und zwei Torpedobootsflottillen in die Nordsee kam es heute vormittag zu einem Gefecht mit englischen Streitkräften in der Starke von fünf Schlachtkreuzern, mehreren kleinen Kreuzern und 26 Torpedobootzerstörern. Der Gegner brach nach drei Stunden 70 Seemeilen Westnordwest von Helgoland das Gefecht ab und zog sich zurück.
Nach bisheriger Meldung ist auf englischer Seite ein Schlachtkreuzer, von unseren Schiffen der Panzerkreuzer "Blücher" gesunken. Alle übrigen deutschen Streitkräfte sind in die Hafen zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.

Halbamtlicher Bericht:
Über das Seegefecht, das am Sonntag in der Zeit von etwa 9 Uhr vormittags bis gegen 12 ½ Uhr mittags stattgefunden hat, sind inzwischen nähere Berichte eingegangen, die die ersten amtlichen deutschen Meldungen nicht nur in vollem Umfange bestätigen, sondern sie in gleicher Richtung ergänzen. Diese Tatsache möge vorweg festgestellt sein, da von englischer Seite heute die Angabe wiederholt wird, daß am Sonntag kein englisches Schiff verloren gegangen sei. Es verdient allerdings hervorgehoben zu werden, daß die "amtliche" Meldung nicht von der britischen Admiralität herrührt, vielmehr unter der Flagge des Reuterschen Bureaus in die Welt gesandt wird. Der englischen Ableugnung gegenüber ist daran festzuhalten, daß in dem Gefecht bei Helgoland tatsächlich ein britischer Schlachtkreuzer gesunken ist. Das steht außer Zweifel. Sein Untergang wurde von einem Zeppelinkreuzer, der über der Kampfsmitte schwebte, ferner von unserem Panzerkreuzer "Moltke" sowie von dem Torpedoboote beobachtet, das dem schon schwer beschädigten britischen Kriegsschiff zwei Torpedoschüsse beibringen konnte.
Wie schon bekannt ist, nahmen auf deutscher Seite an dem Gefechte vier große Kreuzer, mehrere kleine Kreuzer und zwei Torpedobootsflottillen teil. Die deutschen Schiffe waren auf Fahrt mit westlichem Kurse. westnordwestlich von Helgoland. Vermutlich bewegten sie sich in der normalen Formation der einfachen Kiellinie , d. h. die vier großen Kreuzer an der Spitze, darauf die kleinen Kreuzer; die Torpedoboote in der Nahe der großen Kreuzer. Der englische Verband kam aus der Richtung von der englischen Küste. Welche Ziele die englischen Seestreitkräfte verfolgten, ist hier natürlich nicht bekannt. Möglich ist, daß sie lediglich Patrouillendienst zu versehen hatten. 120 Seemeilen westnordwestlich von Helgoland wurde der Feind gesichtet. Darauf wechselte unser Verband den Kurs, indem er südöstlichen Kurs nahm. Dieses Manöver hatte offensichtlich den Zweck, den Gegner nach der deutschen Küste heranzuziehen, wo möglicherweise Helgoland eingreifen, vielleicht auch deutsche Unterseeboote oder die deutsche Minensperre sich wirksam erweisen konnten. Nicht ohne Einfluß auf die Entschließung des deutschen Admirals mögen auch Rücksichten auf Wind- und Beleuchtungsverhältnisse gewesen sein, die bekanntlich für den Verlauf von Seekämpfen von Bedeutung sind.   Als die beiden Gegner sich in südöstlicher Richtung bewegten, war die deutsche Linie gegen die englische um eine Strecke vorgeschoben. In südöstlicher Richtung verlief das Gefecht und näherte sich bis auf 70 englische Meilen Helgoland. Als die beiderseitigen Streitkräfte etwa 20 Kilometer voneinander entfernt waren , eröffnete der britische Admiral das Feuer. Der Kommandant der deutschen Streitkräfte, Admiral Hipper, hatte auf dem "Seydlitz", der die Spitze hielt, seine Flagge gesetzt.   Der "Blücher" fuhr als letzter der großen Kreuzer. Mit Rücksicht auf den "Blücher" mußte die Fahrgeschwindigkeit auf höchstens 25 Seemeilen gehalten werden, wahrend die englischen Schiffe ihre Geschwindigkeit auf 28 Seemeilen steigern konnten, wodurch sie selbstverständlich im Vorteil waren. Trotz dieser Überlegenheit suchten die Engländer nicht näher an die deutschen Schiffe heranzukommen , sondern aus einer Entfernung von zunächst 20 Kilometer Treffer zu erzielen. Später verminderte sich die Entfernung auf etwa 15 Kilometer. Von den Engländern wurde der "Blücher“ unter starkes Feuer genommen. Durch einen schweren Schuß erlitt er bald nach Beginn des Kampfes Maschinen-Havarie, legte über, setzte aber den Kampf fort. Die anderen deutschen Schiffe konnten ihm keine Hilfe bringen, da sie im Kampfe fortfahren mußten. So konnten sich dem "Blücher", der in seiner Manövrierfähigkeit naturgemäß stark beeinträchtigt war, englische Torpedoboote nähern, und seinen Untergang durch Torpedoschüsse vollenden. Um 12 Uhr 37 Minuten wurde eine heftige Explosion vernehmbar, wonach der "Blücher“ sank. Den Engländern kostete der Kampf mit dem "Blücher“, wie sicher feststeht, zwei Torpedobootszerstörer, die durch ihn vernichtet wurden. Aus dem schon angegebenen Grunde konnten unsere Streitkräfte sich auch am Rettungswerk nicht beteiligen. Die Überlebenden des "Blücher“ der am weitesten nach der Richtung Englands stand, wurden von leichten englischen Streitkräften aufgenommen. Die Zahl der Geretteten ist nach den neuesten Berichten auf 200 gestiegen.
Der Kampf war inzwischen weitergegangen und wurde dann von dem englischen Admiral abgebrochen. Über die Gründe dieses Entschlusses ist man auf deutscher Seite auf Mutmaßungen angewiesen. Unmittelbar kann Helgoland hierauf nicht eingewirkt haben, da es immer noch 70 Seemeilen entfernt war. Ob die Annäherung an die deutsche Küste ihm unbehaglich war, ob er Besorgnisse wegen deutscher Unterseeboote hatte oder ob das Ausscheiden eines seiner Schlachtkreuzer maßgebend war, entzieht sich für uns der Feststellung. Der zuletzt angeführte Grund ist der wahrscheinlichste. Tatsache ist, daß ein Schlachtkreuzer zurück blieb und in Dunst und Rauchwolke, in die Nähe eines deutschen Torpedobootes geriet, durch daß er zweimal mit Torpedoschüssen getroffen wurde. Sein Untergang ist, wie schon hervorgehoben wurde, unbedingt sicher festgestellt.
Stellt man diesen Verlust dem Untergang des "Blücher" gegenüber, so ist der englische Verlust schon hier beträchtlich größer, da es sich bei den Engländern um einen modernen Schlachtkreuzer handelt. Außerdem wurden an den englischen Schiffen schwere Beschädigungen bedachtet, so das Umfallen von Masten und Schornsteinen. Englische Berichte geben ferner selbst zu, daß der Schlachtkreuzer "Lion“ einen Unterwassertreffer erhalten und, da einige Abteilungen volliefen, vom "Indomitable" in Schlepp genommen werden mußte. Aus dem Umstande, daß nach englischen Angaben zehn Mann des "Lion" getötet und zehn verwundet wurden, ergibt sich, daß andere deutsche Schüsse den Panzerschutz durchschlagen und somit erheblich Schaden angerichtet haben müssen. Von deutscher Seite wurde weiter beobachtet, daß auf einem anderen britischen Schlachtkreuzer durch Treffer ein großer Brand und Maschinen-Havarie entstand. Dazu kommt der Verlust an Torpedobootzerstörern. Außer den schon erwähnten Fahrzeugen dieser Art, die der „Blücher" in Grund geschossen hat, ist ein Zerstörer durch ein deutsches Unterseeboot vernichtet worden. Ein vierter Zerstörer ("Meteor") hat so schwere Beschädigungen erlitten, daß er in Schlepp genommen werden mußte. Die kleinen Kreuzer haben auf beiden Seiten am Kampfe nicht teilgenommen.
Vom "Blücher“ abgesehen, haben unsere Schiffe nicht wesentlich gelitten. Einer unserer Kreuzer ist völlig unbeschädigt geblieben. Auf einem anderen wurden durch einen Volltreffer geringer Sachschaden sowie Verluste einiger Menschenleben verursacht. Ein dritter Kreuzer hatte eine unbedeutende Schußverletzung und zwei Tote zu verzeichnen. Von den deutschen Torpedobooten ist keines gesunken noch beschädigt worden; auch sind keine Menschenverluste zu beklagen.
So steht es in Wahrheit um das Gefecht bei Helgoland, das die englische Presse zu einem großen Siege aufgebauscht hat. Gewiß empfinden wir lebhaftes Bedauern um den Untergang des "Blücher" und den Verlust mehrerer Hundert braver deutscher Seeleute. Diese starben den Heldentod, dem sie mit Mut und unbeirrbarer Pflichttreue entgegengingen. Mit Befriedigung aber können wir auf den Ausgang dieses Gefechtes zurückblicken, das wahrlich nicht zuungunsten Deutschlands ausgegangen ist.
 

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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