Die Bestimmungen des Bundesrats über die
Getreidevorräte
Berlin, 5.
Januar. (W. B. ) Der Bundesrat hat heute die Bestimmungen über eine
weitere Streckung unserer Getreidevorräte nach mehreren Richtungen auf Grund der
inzwischen gemachten Erfahrungen ergänzt und erweitert. Roggen ist künftig
mindestens bis zu 82 Prozent, Weizen bis zu 80 Prozent durchzumahlen, wobei
von den Landeszentralbehörden bei einer einzelnen Mühle aus besonderen Gründen
Ausnahmen zugelassen werden können. Es können ferner wie bisher Roggen- und
Weizenauszugsmehle, aber nur bis zur Höhe von 10 Prozent zugelassen werben.
Weizenmehl darf von den Mühlen künftig nur in einer Mischung abgegeben werden,
die auf 30 Teile Roggenmehl 70 Teile Weizenmehl enthält. Dies gilt auch für die
Kunden- und Lohnmüllerei. Die Vorschriften über das Verfütterungsverbot sind
ebenfalls verschärft worden, sodaß mahlfähiger Roggen und Weizen nicht mehr
verfüttert oder geschrotet und auch nicht mehr zur Futtermittelbereitung
verwendet werden dürfen. - Das Verbot erstreckt sich auch auf den Roggen und
Weizen, der mit anderer Frucht gemischt ist, sowie aus Roggen- und Weizenmehl,
das allein oder mit anderen Mehlen gemischt und zur Brotbereitung geeignet ist.
Endlich darf auch kein Brot mehr verfüttert werden, mit Ausnahme von verdorbenem
Brot und Brotabfällen. Die Landeszentralbehörden können die Verwendung von
Roggen- und Weizenmehlen zu anderen Zwecken als zur menschlichen Nahrung noch
weiter beschränken oder verbieten. Zur Bereitung von Roggen- und Weizenbrot
dürfen Auszugsmehle nicht verwendet werden. Weizenmehl muß 30 Prozent Roggenmehl
enthalten. Das Weizenmehl kann dabei bis zu 20 Prozent durch Kartoffelstärkemehl
ersetzt werden. Roggenbrot muß aus 90 Teile Roggenmehl 10 Teile
Kartoffelflocken, Kartoffelwalzmehl oder Kartoffelstärkemehl und 30 Teile
gequetschte oder geriebene Kartoffeln enthalten. Bei größerem Kartoffelzusatz
muß das Brot mit der Bezeichnung "K" versehen werden. Statt Kartoffel- kann auch
Gerstenmehl, Hafermehl und Reismehl oder Gerstenschrot zugesetzt werden. Reines
Roggenbrot, zu dessen Herstellung der Roggen bis zu mehr aus 93 Prozent
durchgemahlen ist, braucht keinen Kartoffelzusatz zu enthalten. Weizenbrot darf
nur in Stücken bis höchstens 100 Gramm hergestellt werben. Die
Landeszentralbehörden können hierüber zur Einschränkung des
Weizenbrotverbrauches anders bestimmen. Sie können auch für Roggen- und
Weizenbrot bestimmte Formen und Gewichte vorschreiben. Bei der Kuchenbereitung
darf nicht mehr als die Hälfte des Gewichts des verwendeten Mehls oder
mehlartiger Stoffe aus Weizen bestehen. Die Landeszentralbehörden können die
Kuchenbereitung auf bestimmte Wochentage beschränken. In Bäckereien,
Konditoreien, einschließlich Hotelbäckereien, und in ähnlichen Betrieben wird
alle Nachtarbeit verboten. Roggenbrot von über 50 Gramm Gewicht darf erst 24
Stunden nach Beendigung des Backens aus der Bäckerei abgegeben werden.
Backfähiges Mehl darf nicht mehr als Streumehl zur Isolierung der Teigware
verwendet werden. Zur genauen Durchführung dieser Vorschriften erhalten die
Polizeibeamten und die hierfür besonders beantragten Sachverständigen das Recht,
in Mühlen, in Bäckereien, in Lager- und Geschäftsräume und in Futterräume
jederzeit hineinzugehen und Besichtigungen vorzunehmen und Proben zu
entnehmen. Die Verordnung über das Ausmahlen des Brotgetreides wie das
Verfütterungsverbot tritt am 11. Januar, die Verordnung über die Bereitung der
Backware am 15. Januar 1915 in Kraft. |