Der Weltkrieg am 29. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erfolgreiche Angriffe bei Lodz

Großes Hauptquartier, 29. November, vormittags.
Vom Westheer ist über den gestrigen Tag nur zu melden, daß Angriffsversuche des Gegners in der Gegend südöstlich Ypern und westlich Lens scheiterten.
Im Osten ist die Lage rechts der Weichsel unverändert. Vorstöße der Russen in der Gegend von Lodz wurden abgewiesen. Darauf eingeleitete Gegenangriffe waren erfolgreich.
Aus Südpolen ist nichts Wesentliches zu erwähnen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Kaiser im Osten

Großes Hauptquartier, 29. November. (W. B. Amtlich.)
Seine Majestät der Kaiser befindet sich jetzt auf dem östlichen Kriegsschauplatz.
2)

 

Generalfeldmarschall v. Hindenburg

Generalfeldmarschall v. Hindenburg

Generalfeldmarschall v. Hindenburg

Berlin, 29. November. (Priv-Tel.)
In Thorn ist folgender Armeebefehl bekanntgegeben worden:

In tagelangen, schweren Kämpfen haben die mir unterstellten Armeen die Offensive des an Zahl überlegenen Gegners zum Stehen gebracht. S. M. der Kaiser und König, unser allergnädigster Kriegsherr, hat diesen von mir gemeldeten Erfolg durch nachstehendes Telegramm zu beantworten geruht:
"An den Generaloberst v. Hindenburg. 
Ihrer energievollen, umsichtigen Führung und der unerschütterlichen, beharrlichen Tapferkeit Ihrer Truppen ist wiederum ein schöner Erfolg beschieden gewesen. In langem, aber von Mut und treuer Pflichterfüllung vorwärtsgetragenem Ringen haben Ihre Armeen die Pläne des an Zahl überlegenen Gegners zum Scheitern gebracht. Für diesen Schutz der Ostgrenze des Reiches gebührt Ihnen der volle Dank des Vaterlandes.
Meiner höchsten Anerkennung und meinem kaiserlichen Dank, die Sie erneut mit meinen Grüßen Ihren Truppen aussprechen wollen, will ich dadurch Ausdruck geben, daß ich Sie zum Generalfeldmarschall befördere. Gott schenke Ihnen und Ihren sieggewohnten Truppen weitere Erfolge!

gez.: Wilhelm I. R.

Ich bin stolz darauf, diesen höchsten militärischen Dienstgrad an der Spitze solcher Truppen erreicht zu haben. Ihre Kampfesfreudigkeit und Ausdauer haben in bewunderungswürdiger Weise dem Gegner große Verluste beigebracht. Über 60000 Gefangene, 150 Geschütze und gegen 200 Maschinengewehre sind wiederum in unsere Hände gefallen, aber vernichtet ist der Feind noch nicht. Darum weiter vorwärts! Mit Gott für König und Vaterland, bis der letzte Russe besiegt am Boden liegt! Hurra!

Hauptquartier-Ost, 27. November 1914.

Der Oberbefehlshaber:

gez. v. Hindenburg,
Generalfeldmarschall.

Der Generalstabschef von Hindenburgs, Generalmajor v. Ludendorff, ist zum Generalleutnant befördert worden. 2)

 

Kaiser und Kanzler

Deutsches Reich 1. Weltkrieg: Bethmann Hollweg

v. Bethmann Hollweg

Berlin, 29. November. (W. B.)
Der Kaiser hat an den Reichskanzler zu dessen heutigem Geburtstag folgendes Telegramm gerichtet:

Ich komme an der Spitze des Deutschen Reiches heute zu Ew. Exzellenz mit Glückwünschen besonderer Art. Um das Staatsschiff durch die Stürme der Welt glücklich in den
Hafen zu steuern, dazu gehört Glück, und dazu bedient sich die Vorsehung der Männer, welche fest und unerschütterlich das Wohl des Vaterlandes vor Augen zu kämpfen wissen, bis das große Ziel erreicht ist. Unter diesen nehmen Ew. Exzellenz den ersten Platz ein. Das weiß das deutsche Volk, das weiß ich. Gott segne Ihre Arbeit.

Wilhelm I. R.

Der Reichskanzler hat mit nachstehendem Telegramm geantwortet:

Ew. Majestät bitte ich, für die große Geburtstagsfreude, die mir durch Ew. Majestät huldvolles Telegramm bereitet wurde, aus tiefstem Herzen ehrfurchtsvoll Dank sagen zu dürfen. Meine Eindrücke in Berlin zeigen mir aufs neue, daß das deutsche Volk sich mit seinem Kaiser eins weiß im Vertrauen auf unsere Kraft, in der Zuversicht auf den endlichen Sieg unserer gerechten Sache und in dem festen Entschluß durchzuhalten, bis dieser Sieg erkämpft ist. Gott wolle meine Bitte erhören, daß ich meinem Kaiserlichen Herrn und meiner Nation zu diesem Siege an meinem Teil kräftig helfen darf. Ew. Majestät treu gehorsamer v. Bethmann Hollweg. 2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Niederlage in den Karpathen

Wien, 29. November, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Der gestrige Tag verlief an unserer ganzen Front in Russisch-Polen und Westgalizien sehr ruhig. In den Karpathen wurden die auf Homonna vorgedrungenen Kräfte geschlagen und zurückgedrängt. Unsere Truppen machten 1500 Gefangene.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
  v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

Der verzweifelte Widerstand der Serben

Wien, 29. November.
Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet:
Der Gegner leistet in der jetzigen Gefechtsfront verzweifelten Widerstand und versucht, durch heftige Gegenangriffe, die bis zu Bajonettkämpfen gedeihen, unsere Vorrückung aufzuhalten Die am östlichen Kolubara-Ufer stehenden eigenen Truppen haben stellenweise wieder Raum gewonnen. Die über Valjewo und südlich vorgerückten Kolonnen haben im allgemeinen die Höhe des Ljiq-Flusses and die Linie Suvobor sowie das Straßendreieck östlich Uzice erreicht. Gestern wurden insgesamt zwei Regimentskommandanten, 19 Offiziere und 1245 Mann gefangengenommen.
1)

 

Der Deutsche Reichstag

Berlin, 29. November. (Priv. -Tel.)
Die Verhandlungen des Reichskanzlers mit den Führern der Reichstagsfraktionen, die gestern begonnen haben, sind heute fortgeführt worden. Auch die Fraktionen selbst haben mit ihren Sitzungen heute begonnen; u. a. hat die sozialdemokratische Fraktion während des ganzen Tages Beratungen abgehalten. Dem Reichstag ist, wie schon gemeldet, eine einzige Vorlage zugegangen, in der ein neuer Kredit von 5 Milliarden Mark gefordert wird. Den Einzelempfängen der Fraktionsvorstände durch den Reichskanzler soll übermorgen noch eine gemeinsame Sitzung der Fraktionsvorstände folgen. Vielleicht wird auch zu dieser gemeinschaftlichen Sitzung der Reichskanzler erscheinen, um eine vollständige Einigung mit den Parteien nicht nur über die neue Kreditvorlage, sondern auch über die allgemeinpolitische Lage und die innerpolitische Situation zu erzielen, damit ebenso wie am 4. August die Plenarverhandlungen des Reichstages nur einen sehr kurzen Verlauf nehmen.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

© 2005 stahlgewitter.com