Der Weltkrieg am 25. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Zusammenbruch der russischen Gegenoffensive in Polen

Großes Hauptquartier, 25. November, vormittags.
Die englischen Schiffe wiederholten gestern ihre Unternehmungen gegen die Küste nicht. Die Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist unverändert; bei Arras machten wir kleine Fortschritte.
In Ostpreußen wiesen unsere Truppen sämtliche russischen Angriffe ab. Die Gegenoffensive der Russen aus der Richtung Warschau ist in der Gegend Lowicz-Strykow-Brzeziny gescheitert. Auch in der Gegend östlich Tschenstochau brachen sämtliche russischen Angriffe vor unserer Front zusammen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

29000 Russen von den Österreichern und Ungarn in Polen gefangen

Wien, 25. November.
Amtlich wird verlautbart:
Das gewaltige Ringen in Russisch-Polen dauert fort. Bisher machten unsere Truppen in dieser Schlacht 29 000 Gefangene und erbeuteten 49 Maschinengewehre sowie viel sonstiges Kriegsmaterial.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

 Der türkische Heeresbericht:

Der Krieg im Orient

Konstantinopel, 25. November. (W. B.)
Amtlicher Bericht des Hauptquartiers:
Die Fortdauer des schlechten Wetters an der kaukasischen Grenze hält für den Augenblick unsere Bewegungen in den gebirgigen Gegenden auf. Auch die Russen halten ihre Grenzstellungen. - Unsere Truppen, die in die Gegend des Tschoruk eingedrungen waren, haben einen neuen Sieg davongetragen. Sie haben Morgul besetzt und den Tschoruk in der Nähe von Burtschika passiert. Wir haben diese Stellung erobert und während dieser Bewegung mehrere Schnellfeuergeschütze, eine Ambulanz mit allem Zubehör, zwei Automobile, hundert Zugpferde und Artilleriemunition sowie eine Menge Dynamit erbeutet.

Konstantinopel, 25. November. (W. B.)
Ein amtlicher Bericht des Hauptquartiers besagt:
Nach dem Kampfe an der Küste bei Bassorah am 19. November, der mit großen Verlusten an Toten und Verwundeten auf englischer Seite endete, erhielt der Feind Verstärkungen und rückte unter dem Schutz des Feuers seiner Kanonenboote langem den Fluß entlang vor. Unsere Truppen erwarten da den Feind in einer neuen Stellung, wo seine Kanonen und Schiffe ihm nicht beistehen können. 
2)

 

Der Heilige Krieg

Konstantinopel, 25. November. (W. B.)
Die Proklamation des Scheichs-ül-Islam ist ein längeres Schriftstück, in dem es heißt:
"Rußland, das sich bemüht, die Unabhängigkeit zu vernichten, die ein Geschenk der Vorsehung für die Nationen und Völker ist, und das, indem es die ganze Menschheit zu unterjochen sucht, seit Jahrhunderten der grausame Feind der menschlichen Wohlfahrt ist, war bis jetzt die Ursache des Unglücks im nahen und fernen Osten. Es vereinigte sich im gegenwärtigen europäischen Krieg mit England und Frankreich, die Millionen von Muselmanen unter ihrem Joch halten und die, um ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen, es darauf abgesehen haben, soviel wie möglich das Kalifat, den Stützpunkt des Islam und das einzige Zentrum der Beständigkeit des Islamismus, zu erschüttern und zu schwächen. Diese Gruppe von Usurpatoren, die sich Tripel-Entente nennt, hat während des letzten Jahrhunderts alle islamitischen Völker Indiens, Zentralasiens und des größten Teiles von Afrika ihrer Unabhängigkeit und Freiheit beraubt. Diese Länder waren seit einem Jahrhundert die Ursache des Verlustes sehr wertvoller Teile der Türkei und haben, indem sie unsere Nachbarn aufwiegelten, den Balkankrieg hervorgerufen. Sie verschuldeten so den Verlust von Hunderttausenden unschuldiger Muselmanen, die Vergewaltigung von Frauen und die Schändung islamitischer Tempel. Sie haben den gegenwärtigen Krieg hervorgerufen, dessen glühendste Funken sie gegen das Herz der mohammedanischen Nation schleudern, indem sie sich bemühen, mit ihren verruchten Plänen das erhabene göttliche Licht zu verlöschen."
Die Proklamation legt sodann dar, daß diejenigen, die eine Feindschaft gegen die Religion des Islam bekunden, früher oder später den Zorn Gottes erfahren werden und daß der Kalif, der Diener der heiligen Stätten Mekka und Medina, um mit Hilfe des Allmächtigen diese heiligen Stätten des Islam sowie die heiligen Orte Jerusalem, Nedschef und Kerbela, das Zentrum des Kalifats, kurz alle Orte, wo die Propheten und die heiligen Märtyrer begraben liegen, vor jedem Angriff zu schützen, es für seine Pflicht erachtet hat, gemäß
den Geboten der genannten Fatwa die Muselmanen zum Heiligen Kriege aufzufordern. Das Kalifat rief alle ottomanischen Untertanen von 20 bis 40 Jahren zu den Waffen. Heer und Flotte, die auf diese Art vorbereitet wurden, sowie die islamitischen Glaubenslehrer, alle Studierenden der Theologie, kurz alle Kinder des Vaterlandes werden nach und nach auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen konzentriert, auf denen der Heilige Krieg geführt wird. Alle Gläubigen des Islam erhalten den Befehl, an dem großen Heiligen Krieg teilzunehmen, sei es, indem sie selbst dienen, sei es durch finanzielle Beihilfe. Daher müssen Muselmanen, die unter der tyrannischen Herrschaft der genannten Regierungen in der Krim, Kasan, Turkestan, Buchara, Chiwa, Indien, China, Afghanistan, Persien, Afrika und den anderen Kontinenten sich befinden, nach Maßgabe ihrer Kräfte mit den Osmanen am Heiligen Kriege teilnehmen.
Der Aufruf hebt weiter hervor, daß, um insbesondere der Tragödie ein Ende zu setzen, wie sie die Entsendung muselmanischer Untertanen der feindlichen Mächte auf die blutigen Kriegsschauplätze darstelle, auf denen sie gegen den Kalifen und dessen Verbündete Krieg führen sollen, die Muselmanen alle Opfer auf sich nehmen und Geduld haben müssen. Der Aufruf schließt mit einem glühenden Appell an alle Muselmanen, ihre Pflicht zu tun, wobei an die heiligen Worte erinnert wird, die den Überlebenden ein glückseliges Leben und denjenigen, die als Märtyrer auf dem Felde der Ehre fallen, die Wonnen des Paradieses versprechen. Der Aufruf drückt die Überzeugung aus, daß mit Gottes Hilfe die Feinde der Religion besiegt werden.
2)

 

Die Helden von Tsingtau

Berlin, 25. November. (W. B.)
Nach den bisher vorliegenden Nachrichten beträgt die Zahl der beim Falle von Tsingtau Gefangengenommenen etwa 4250 einschließlich 600 Verwundete. Die Zahl der Gefallenen soll etwa 170 betragen, darunter 6 Offiziere. Von dem österreichisch-ungarischen Kreuzer "Kaiserin Elisabeth" sind ein Leutnant und acht Mann verwundet, acht Mann tot. Die Behandlung der Gefangenen in Japan soll gut sein. Die japanische Regierung hat die baldige Übersendung namentlicher Listen der Toten, Verwundeten und Gefangenen in Aussicht gestellt.
2)

 

Das Ergebnis der ungarischen Kriegsanleihe

Budapest, 25. November. (W. B.)
Dem "Pester Lloyd" zufolge übersteigt das Endergebnis der Zeichnung auf die ungarische Kriegsanleihe unter Berücksichtigung der von den Zeichnungsstellen in der Provinz eingetroffenen Berichte eine Milliarde Kronen.
2)

 

Portugal mobilisiert

London, 25. November. (W. B.)
Das Reutersche Bureau meldet aus Lissabon vom 24. ds.: Nachdem der Ministerpräsident vor den Abgeordneten und Senatoren eine Erklärung abgegeben hatte, nahm der Kongreß einstimmig einen Gesetzentwurf an, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, auf Grund des Bündnisses mit England in dem gegenwärtigen internationalen Konflikt in einer Weise zu intervenieren, welche ihr als die geeignetste erscheint. Die Regierung wird ferner ermächtigt, die hierzu erforderlichen Maßregeln zu ergreifen. Nach Mitteilungen der Presse wird ein Erlaß, durch welchen eine teilweise Mobilisierung verfügt wird, morgen oder übermorgen erscheinen. Zugleich wird der Kriegsminister einen Aufruf an das Land richten.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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