Der Weltkrieg am 6. November 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Fortschritte in Flandern und Frankreich

Großes Hauptquartier, 6. November, vormittags.
Unsere Offensive nordwestlich und südwestlich Ypern macht gute Fortschritte. Auch bei La Bassée, nördlich Arras und in den Argonnen wurde Boden gewonnen.
Unter schweren Verlusten für die Franzosen eroberten unsere Truppen einen wichtigen Stützpunkt im Bois Brulé südöstlich St. Mihiel.
Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Seeschlacht bei Coronel

Admiral Graf Spee
Admiral Graf Spee

Berlin, 6. November. (W. B. Amtlich.)
Nach Meldung des englischen Pressebureaus ist am 1. November durch unser Kreuzergeschwader in der Nähe der chilenischen Küste der englische Panzerkreuzer "Monmouth" vernichtet, der Panzerkreuzer "Good Hope" beschädigt worden; der Kleine Kreuzer "Glasgow" ist beschädigt entkommen. Auf deutscher Seite waren beteiligt: S. M. S. Große Kreuzer "Scharnhorst" und "Gneisenau", S. M. Kleine Kreuzer "Nürnberg", "Leipzig" und "Dresden". Unsere Schiffe haben anscheinend nicht gelitten.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabs.
Behncke.

Kopenhagen, 6. November. (Priv.-Tel.)
"Politiken" erfährt aus London: Der englische Panzerkreuzer "Good Hope", der in Seeschlacht bei Coronel stark beschädigt wurde, sei wahrscheinlich gesunken. Als der Kreuzer zuletzt gesehen wurde, sei er im Begriff zu sinken gewesen. Man hoffe, daß es gelungen sei, den Kreuzer auf den Grund zu setzen, so daß Mannschaft und Offiziere gerettet seien. Von Coronel sei eine Hilfsexpedition ausgesandt.

Amsterdam, 6. November. (Priv.-Tel.)
Über den Seekampf an der chilenischen Küste bringen Telegramme aus Valparaiso in den englischen Blättern noch einige Einzelheiten. Das deutsche Geschwader stand unter dem Befehl von Admiral Spee. Das Gefecht wurde am Sonntag geliefert, und zwar bei der Insel Santa Maria auf der Höhe von Coronel; es begann ungefähr eine Stunde vor Einbruch der Nacht und endete bei einbrechender Dunkelheit. Auf dem großen englischen Kreuzer "Good Hope" wurde zwischen den beiden Schornsteinen eine Explosion wahrgenommen. Der Kreuzer "Monmouth" sank nach verschiedenen Schüssen und versuchte noch im Sinken, einen der deutschen Kreuzer zu rammen. Der deutsche Admiral drückte in einem Telegramm an die chilenische Regierung sein Bedauern darüber aus, daß er wegen des stürmischen Wetters nicht imstande war, Boote aussetzen zu lassen, um die Überlebenden von der "Monmouth" zu retten. Man vermutet, daß die Kreuzer "Glasgow" und "Otranto" nur leicht beschädigt sind; beide Schiffe konnten sich, gedeckt von der "Good Hope", im Schutze der Nacht flüchten. "Gneisenau", "Scharnhorst" und "Nürnberg", alle drei ebenfalls nur leicht beschädigt, sollten gestern von Valparaiso wieder die hohe See gewinnen. Die "Leipzig" und die "Dresden" sind mit vier bewaffneten Transportschiffen außerhalb des Hafens geblieben.
2)

 

Repressalien gegen England

Berlin, 6. November. (W. B. Amtlich.)
Seit langer Zeit schweben Verhandlungen zwischen Deutschland und England wegen der Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die sich bei Beginn des Krieges in dem Gebiete des anderen Teiles aufhielten. Dabei stand die deutsche Regierung auf dem Standpunkt, daß nach völkerrechtlichen Grundsätzen diese Personen, Soweit sie sich nicht verdächtig gemacht hatten, auf freiem Fuße zu belassen seien, auch ungehindert in ihre Heimat abreisen dürfen, daß jedoch den Engländern in Deutschland selbstverständlich eine bessere Behandlung zuteil werden könnte, wie den in England befindlichen Deutschen. Als daher die britische Regierung so gut wie sämtlichen Deutschen die Erlaubnis zur Abreise versagte, sind die in Deutschland befindlichen Engländer in gleich Weise behandelt worden. Den deutschen Vorschlag, die beiderseitigen unverdächtigen Staatsangehörigen sämtlich abreisen zu lassen, lehnte die britische Regierung ab. Doch wurde eine Vereinbarung getroffen, daß alle Frauen und alle männlichen Personen bis zu 17 Jahren und über 55 Jahren, sowie ohne Rücksicht auf ihr Alter alle Geistlichen und Ärzte ungehindert abreisen dürften. Die männlichen Personen zwischen 17 und 55 Jahren wurden nicht in die Vereinbarung einbezogen, weil die britische Regierung alle Wehrpflichtigen zurückhalten wollte, und als solche auch die Männer zwischen 45 und 55 Jahren ansah. Inzwischen wurden die in England zurückgehaltenen Deutschen in nicht unerheblicher Anzahl festgenommen und als Kriegsgefangene behandelt. Nach zuverlässigen Nachrichten ist diese Maßnahme in den letzten Tagen auf fast alle wehrpflichtigen Deutschen ausgedehnt worden, während in Deutschland bisher nur verdächtige Engländer festgenommen worden sind. Die völkerrechtswidrige Behandlung unserer Angehörigen hat der deutschen Regierung Anlaß gegeben, der britischen Regierung zu erklären, daß auch alle wehrpflichtigen Engländer in Deutschland festgenommen werden würden, wenn nicht unsere Angehörigen bis zum 5. November aus der englischen Gefangenschaft entlassen werden sollten. Die britische Regierung hat diese Erklärung unbeantwortet gelassen, sodaß nunmehr die Festnahme der englischen Männer zwischen 17 und 55 Jahren angeordnet worden ist. Die Anordnung erstreckt sich vorläufig nur auf die Angehörigen von Großbritannien und Irland, würde aber auch auf die Angehörigen der britischen Kolonien und Schutzgebiete ausgedehnt werden, wenn die dort lebenden Deutschen nicht auf freiem Fuß belassen werden sollten. Die von in militärischen Stellen unter dem 6. November erlassenen Befehle lauten:
1. Alle männlichen Engländer zwischen dem vollendeten 17. und 55. Lebensjahre, die sich innerhalb des Deichen Reiches befinden und denen als Ärzten oder Geistlichen nicht das Ausreiserecht zusteht, sind in Sicherheitshaft zu nehmen und nach Anordnung der stellvertretenden Generalkommandos nach dem Lager Ruhleben bei Berlin zu überführen. Das gleiche gilt für inaktive Offiziere auch über 55 Jahre hinaus. Für die Altersberechnung ist der 6. November maßgebend. Die Überführung der in Berlin verhafteten Engländer nach Ruhleben erfolgt mit Rücksicht auf die besonderen örtlichen Verhältnisse auf Anordnung und nach dem Ermessen des Oberkommandos in den Marken.
Ausnahmen von der in Nr. 1 genannten Anordnung können von den stellvertretenden Generalkommandos und dem Oberkommando in den Marken nur dann gestattet werden, wenn schwere Krankheit, die den Transport unmöglich macht, von amtsärztlicher Seite bescheinigt wird. Sobald das Befinden den Transport gestattet, ist die Überführung nachzuholen.
3. Alle erwachsenen Personen englischer Nationalität, die dann noch frei in Deutschland leben dürfen, sind zu täglich zweimaliger Anmeldung bei der Polizei verpflichtet und dürfen den Ortspolizeibezirk, über dessen Grenze sie polizeilich zu unterrichten sind, nicht verlassen. In einzelnen Fällen kann das für den Aufenthaltsort zuständige stellvertretende Generalkommando (Oberkommando in den Marken) oder Marinestationskommando Ausnahmen gestatten.
4. Die unter 1 und 2 genannten Maßregeln sollen zunächst nur Anwendung finden auf Angehörige des "Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland"
5. Sofern für den Transport fahrplanmäßige Züge nicht ausreichen, sind von den stellvertretenden Generalkommandos Sonderzüge mit den Linienkommandanturen zu vereinbaren.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die österreichischen Operationen in Polen und Galizien

Wien, 6. November.
Amtlich wird verlautbart:
Gestern wurde im Norden nicht gekämpft. Ungehindert vom Feinde nehmen unsere Heeresbewegungen sowohl in Russisch-Polen als auch in Galizien den beabsichtigten Verlauf. Wenn den Russen an einzelnen Teilen der Front trotz der örtlich günstigen Situation gewonnener Boden wieder vorübergehend überlassen wird, so ist dies in der Gesamtlage begründet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
1)

 

 Der türkische Heeresbericht:

Der Krieg im Orient

Konstantinopel, 6. November. (W. B.)
Amtliche Mitteilung des Hauptquartiers:
An unserer östlichen Grenze sind unsere Truppen auf der ganzen Front in Fühlung mit dem Feinde. Auf der Reede von Smyrna wurden drei große englische Schiffe und mehrere kleinere englische und französische Dampfer beschlagnahmt, deren Besatzungen gefangengenommen wurden. In dem englischen und dem russischen Konsulat zu Bagdad wurden die Haussuchungen fortgesetzt. Außer den bereits früher beschlagnahmten Waffen wurden 16 Mannlicher- und Mausergewehre, 32 Revolver, 850 Gewehrpatronen, 170 Revolverpatronen und 15 Bajonette beschlagnahmt. Auf der englischen Botschaft sowie auf der hiesigen französischen Schule St. Benoit wurden Apparate für drahtlose Telegraphie gefunden.

Berlin, 6. November. (Priv -Tel.)
Aus Stockholm melden verschiedene Morgenblätter, daß am 5. November wieder türkische Kriegsschiffe vor Sewastopol erschienen seien und erneut eine heftige Beschießung auf den Hafen und die Befestigungsanlagen eröffnet hätten. Die Beschießung hielt nachmittags noch an.

Konstantinopel, 6. November. (Priv.-Tel.)
Die russische Schwarze Meer-Flotte lief aus Sewastopol in östlicher Richtung aus.
2)

 

Frankreichs Kriegserklärung an die Türkei

Bordeaux, 6. November. (W. B.)
Der Minister des Auswärtigen hat folgende Note veröffentlicht: Die feindseligen Akte welche die türkische Flotte auch gegen ein französisches Handelsschiff hat zuschulden kommen lassen und durch die der Tod von zwei Franzosen und schwere Beschädigungen des Schiffes verursacht worden sind, ohne daß die Entfernung der deutschen Militär- und Marinekommission erfolgt wäre, durch die sich allein die Pforte von der Verantwortlichkeit für diese Akte hätte entlasten können, machen es der französischen Regierung zur Pflicht, zu erklären, daß durch dieses Vorgeben der türkischen Regierung der Kriegszustand zwischen Frankreich und der Türkei eingetreten ist.
2)

 

Hospitalschiff "Ophelia"

London, 6. November. (W. B.)
Die Admiralität erklärt, daß das deutsche Hospitalschiff "Ophelia" festgehalten worden sei, weil sein Name der britischen Regierung nicht gemäß der Konvention als Hospitalschiff bekanntgemacht worden sei und weil es, als es angetroffen wurde, den Pflichten eines Hospitalschiffes zuwidergehandelt habe. Die "Ophelia" werde vor ein Prisengericht gebracht werden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im November 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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