Der
Krieg im Orient
Konstantinopel,
31. Oktober. (W B.)
Den Botschaftern Rußlands, Englands und Frankreichs sind die
Pässe zugestellt worden. Der russische und der englische Botschafter
reisen heute Abend, der französische morgen ab.
Berlin,
31. Oktober. (Priv.-Tel.)
Die türkische Botschaft in Berlin teilt amtlich mit: Unsere Flotte
machte eine Ausfahrt in das Schwarze Meer. Dort trafen sie mit einem Teile
der russischen Flotte zusammen. Die russische Flotte nötigte unsere
Flotte zur Ausführung gewisser Manöver. In deren Verlauf bohrten
wir zwei feindliche Kriegsschiffe in den Grund. Wir machten 83 Matrosen
und 3 Offiziere zu Gefangenen. Auf unserer Seite ist keinerlei Verlust
zu verzeichnen.
Amsterdam,
31. Oktober. (Priv.-Tel.)
Ein Lloyds-Telegramm aus London meldet, daß verschiedene, jedenfalls
türkische Torpedoboote, deren Namen unbekannt sind, einen Angriff
gegen Odessa unternahmen und das russische Kanonenboot "Donez"
am Eingang des Hafens zum Sinken brachten. Ein Teil der Bemannung ertrank,
wurde getötet oder verwundet. Drei russische Dampfboote und ein französisches
Dampfboot wurden beschädigt und einige Einwohner getötet oder
verwundet.
Petersburg,
31. Oktober. (Priv.-Tel.)
Die "Nowoje Wremja" schreibt: Ohne Kriegserklärung
hat die Türkei Feindseligkeiten gegen Rußland begonnen; als
sichere Freundin und Schülerin Deutschlands hat sie damit angefangen,
daß sie die friedlichen Städte Feodosia und Noworossijsk beschoß.
Die "Nowoje Wremja" fordert die Balkanvölker, die nur durch
Rußlands Verdienst atmeten und lebten, auf, unzweideutig Stellung
zu nehmen. Die Masken müßten fallen. Worte haben keinen Wert
mehr; wer nicht für uns ist, ist wider uns! Das von uns befreite
Bulgarien kann nicht Zuschauer in diesem Kampfe bleiben. Der leiseste
Versuch eines Einverständnisses mit den Feinden Rußlands wird
als Verrat, als die größte und schamloseste Lüge gegenüber
den Slawen angesehen werden. Bulgarien muß zwischen der Türkei
und Rußland wählen. Nach Beendigung des Krieges können
nur diejenigen, die an den Opfern teilgenommen haben, beim Siegesmahl
erscheinen. Rußland braucht sich über den neuen Feind, der
in seiner Verblendung den Sinn für die Wirklichkeit verloren hat,
nicht zu beunruhigen, aber dessen Handlungsweise wird die letzte Phase
der Türkei als europäischer Großmacht beendigen. 2)
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