Der Weltkrieg am 19. Oktober 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Abgeschlagener feindlicher Angriff bei Lille

Großes Hauptquartier, 19. Oktober, vormittags.
Angriffsversuche des Feindes in der Gegend westlich und nordwestlich von Lille wurden von unseren Truppen unter starken Verlusten für den Gegner abgewiesen.
Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage unverändert.
1)

 

Die Kämpfe im Westen

Rotterdam, 19. Oktober. (W. B.)
Der Kriegskorrespondent des "Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet: Das deutsche Heer, das Antwerpen belagert hat, marschiert auf verschiedenen Straßen in der Richtung nach Dünkirchen, das von den Franzosen besetzt und befestigt ist. Südlich von Dünkirchen befindet sich eine belgische Armee, deren Überbleibsel am Donnerstag angekommen waren. Der Abzug glich einer Flucht; sie war ohne jede Verbindung mit dem Teile der Armee, der vor der Besetzung Antwerpens nach Ostende gekommen und nach Boulogne verschifft worden ist.
Dieser sollte dort reorganisiert werden, um an den Kämpfen auf dem französischen linken Flügel teilzunehmen. Dixmuiden, wo sich französische Seesoldaten zur Deckung des belgischen Abzuges befanden, ist wahrscheinlich gestern geräumt worden. Südlich von Dünkirchen und Boulogne stehen sehr starke französische Truppenabteilungen.
2)

 

Gefecht bei Nieuport

Amsterdam, 19 Oktober. (Priv.-Tel.)
Ein heftiges Gefecht ist im Gange bei Nieuport, südlich von Ostende.
2)

 

Vernichtung des englischen Unterseebootes "E 3"

Berlin, 19. Oktober.
Das englische Unterseeboot "E 3" ist am 18. Oktober nachmittags in der deutschen Bucht der Nordsee vernichtet worden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabs:
gez. Behncke.
1)

 

Der russische Heeresbericht

Petersburg, 19. Oktober (Priv.-Tel.)
Das heutige amtliche Bulletin meldet: Die Kämpfe in Westgalizien dauern ohne Unterbrechung an. Alle Versuche der Österreicher, den San zu überschreiten, sind fehlgeschlagen. Nach jedem Versuch trägt der San gegen die Weichsel Tausende von Leichen. Der deutsche Generalstab leitet alle Kämpfe in Galizien, auch die Verteidigung von Przemysl, wo der Kampf erbittert ist, da die Festung reichlich mit Munition versehen ist und sich energisch verteidigt. Die Russen schließen jedoch langsam, aber sicher den Eisenring, worin sie Przemysl ersticken.
2)

 

Die russischen Verluste bei Przemysl

Berlin, 19. Oktober (Priv.-Tel.)
Wie die "Vossische Zeitung" aus Wien zu berichten weiß, geben die Russen sicherem Vernehmen nach ihren Verlust bei dem Sturm auf Przemysl, den sie durch Flatterminen erlitten haben, nicht auf 40000, sondern auf 70000 Mann an. Die russischen Zeitungen in Lemberg haben diese Nachricht gebracht. In Lemberg selbst haben die Russen weniger Schaden angerichtet, als man anfänglich angenommen hat.
2)

 

Englische Verluste

London, 19. Oktober. (W. B.)
Die Admiralität meldet:
Die englischen Verluste bei dem gestrigen Seegefecht betrugen: Ein Offizier, und vier Matrosen verwundet. 31 Deutsche wurden zu Kriegsgefangenen gemacht. Die Beschädigungen der englischen Schiffe sind unbedeutend.
2)

 

Die Kämpfe um Tsingtau

19. Oktober (Priv.-Tel.)
Aus Tokio wird über London und Stockholm gemeldet: Der Befehlshaber des japanischen Expeditionskorps in Kiautschou hat der Besatzung eine ehrenvolle Kapitulation angeboten. Er bietet der Besatzung an, daß er die Garnison nicht als Kriegsgefangene behandeln wolle, sondern sie auf japanischen Schiffen durch den Suezkanal nach einem neutralen Hafen im Mittelmeer überführen wolle. Der deutsche Kommandant lehnte dieses Anerbieten mit aller Bestimmtheit ab.
2)

 

Spannung zwischen der Türkei und England

Konstantinopel, 19. Oktober (Priv.-Tel.)
Die Pforte erhob beim Regenten von Ägypten gegen die widerrechtliche Entfernung der konsularischen Vertretungen des Deutschen Reichs und Österreich-Ungarns Einspruch, ebenso gegen einige andere Maßnahmen, durch die die Souveränitätsrechte der Türkei verletzt werden.
Am 10. Oktober brach in der Zitadelle von Kairo ein großer Brand aus, bei dem Kriegsmaterial im Wert von einer halben Million Mark zerstört wurde.
Durch den Suezkanal fuhren in den letzten Tagen mehrere französische Dampfer, die Kriegsmaterial aus Madagaskar nach Marseille brachten.
Die indischen Truppen sind ganz aus Ägypten entfernt worden. Man ersetzt sie durch englische Yeomanry, von der bisher 17000 Mann in Ägypten eingetroffen sind. Die
englische Besatzung des Landes soll aber auf 50000 Mann erhöht werden; zu diesem Zwecke werden die von Australien gesandten Hilfsabteilungen nicht nach Europa gebracht, sondern in Ägypten zurückgehalten werden.

Konstantinopel, 19. Oktober (Priv.-Tel.)
Die Pforte erhob durch ihren Botschafter in London Einspruch gegen das Einlaufen von zwei englischen Kanonenbooten im Persischen Golf bei Mohamare. Die türkische Regierung kündigte der englischen an, daß sie, wenn die Kanonenboote nicht ausliefen, genötigt sein würde, die Einfahrt in den Schatt el Arab zu sperren, wodurch die Schiffahrt in Mesopotamien brachgelegt würde. Das englische Auswärtige Amt erklärte, die
Einfahrt der Kanonenboote sei durchaus nicht in einer für die Türkei feindlichen Absicht erfolgt; die Boote würden demnächst zurückgezogen werden. Sir Edward Grey unterließ es aber, für die Verwirklichung dieser Zusage einen Termin anzugeben.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1914

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

© 2005 stahlgewitter.com