Der Weltkrieg am 14. Oktober 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront Erster Weltkrieg: Lille nach der Einnahme durch die Deutschen
Lille nach der Einnahme durch die Deutschen

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Einnahme von Lille -
Erfolge in Ostpreußen und Polen

Großes Hauptquartier, 14. Oktober, mittags.
Von Gent aus befindet sich der Feind, darunter ein Teil der Besatzung von Antwerpen, im eiligen Rückzuge nach Westen zur Küste. Unsere Truppen folgen.
Lille ist in unserem Besitz. 4500 Gefangene sind dort gemacht worden. Die Stadt war durch die Behörden den deutschen Truppen gegenüber als offen erklärt worden. Trotzdem zog der Gegner bei einem Umfassungsversuch von Dünkirchen her Kräfte dorthin mit dem Auftrage, sich bis zum Eintreffen der Umfassungsarmee zu halten. Da diese natürlich nicht eintraf, war die einfache Folge, daß die zwecklos verteidigte Stadt bei der Einnahme durch unsere Truppen Schaden erlitt.
Von der Front des Heeres ist nichts Neues zu melden. Dicht bei der Kathedrale von Reims sind zwei schwere französische Batterien aufgestellt; ferner wurden Lichtsignale von einem Turm der Kathedrale beobachtet. Es ist selbstverständlich, daß alle unseren Truppen nachteiligen feindlichen Maßnahmen und Streitmittel bekämpft werden ohne Rücksicht auf die Schonung der Kathedrale. Die Franzosen tragen also jetzt wie früher selbst die Schuld daran, wenn der ehrwürdige Bau weiter ein Opfer des Krieges wird.
Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind in den Kämpfen bei Schirwindt die Russen geworfen worden und haben 3000 Gefangene, 26 Geschütze und 12 Maschinengewehre verloren. Lyck ist wieder in unserem Besitz, Bialla ist vom Feinde geräumt. Weiter südlich sind beim Zurückwerfen der russischen Vortruppen auf Warschau 8000 Gefangene und 25 Geschütze erbeutet worden.
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Der deutsche Vormarsch zur Küste

Amsterdam, 14. Oktober. (Priv.-Tel.)
Die "Nieuws" berichtet aus Ostende vom Montag und Dienstag, daß die Deutschen sich auf drei Wegen der Küste nähern, von Ypern (nördlich von Lille) über Dixmuiden, von Courtrai über Thourout und von Eecloo über Brügge. Über die Gefechte in Belgien wird in den holländischen Blättern berichtet, daß sie sich zwischen Eecloo und Gent abspielen, nämlich bei Somergem, ferner, daß die Deutschen bereits von da aus weitergezogen sind bis Maldeghem. Sie haben die Brücke bei Stroobrügge an der holländischen Grenze besetzt. Ypern ist vollständig von den Deutschen umschlossen. Das "Nieuws van den Dag" meldet noch, daß die Deutschen gestern Abend die Grenzstation Esschen besetzt haben und daß sie einen Kommissär nach Rozendaal geschickt haben, um mit dem Stationskommandanten den Verkehr über die Grenze zu regeln. Auch Assenede ist besetzt. Aus allen hier eingelaufenen allerdings ziemlich unvollständigen Berichten ist zu ersehen, daß der Vormarsch nach der Küste geregelt und systematisch seinen Weg nimmt.
Der Bericht von der Übersiedelung der Regierung nach Havre hat einen tiefen Eindruck in Belgien gemacht.
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Der Untergang der "Pallada"

Berlin, 14. Oktober. (W. B.)
Das offizielle Petersburger Telegraphenbureau verbreitet eine Nachricht des russischen Admiralstabes, wonach bei der Vernichtung der "Pallada" zwei deutsche Unterseeboote versenkt worden seien. Diese Mitteilung ist, wie wir an amtlicher Stelle erfahren, in jeder Hinsicht unzutreffend.

London, 14. Oktober. (W. B.)
Der Petersburger Korrespondent der "Morningpost" schreibt über den Untergang des Panzerkreuzers "Pallada": Der Panzerkreuzer "Bajan", der mit der "Pallada" zusammen war, hat genau die gegebenen Anordnungen eingehalten. Er versuchte nicht, der "Pallada" zu Hilfe zu kommen, um nicht auch das Ziel von Torpedos des Unterseebootes zu werden. Der "Bajan", der damit dem Schicksal der drei britischen Kreuzer in der Nordsee entgangen ist, befindet sich, soweit bekannt, in Sicherheit.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Kämpfe in Galizien und den Karpathen

Wien, 14. Oktober, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
In der Linie Stary-Sambor - Medyka sind befestigte Stellungen des Feindes, die unsere Truppen angreifen. Diese Kämpfe nehmen an Ausdehnung zu. In den Karpathen nahmen wir Toronya nach viertägigen erfolgreichen Kämpfen und verfolgten die Russen gegen Wyskow. Kleinere erfolgreiche Gefechte mit zurückgehenden feindlichen Abteilungen fanden auch im Vissotale statt.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

Die Kämpfe im Osten

Mailand, 14. Oktober. (Priv.-Tel.)
"Secolo" berichtet in einem Telegramm aus Petersburg: Eine große Schlacht tobt auf dem linken Weichselufer auf einer 200 Kilometer langen Front von Sandomir bis 100 Kilometer südlich von Warschau. Die Russen schätzen die deutschen Kräfte ziemlich hoch und hoffen, daß sie den Deutschen die Straße auf Warschau sperren können. Andere Kritiker meinen, es sei ein guter Plan, die Deutschen möglichst weit von der Basis abzulocken, sie von Galizien und von Nordpolen her in den Flanken anzugreifen, doch macht man auch starke politische Gründe geltend, die für eine Verteidigung Warschaus sprechen. Oberst Schumsky, ein angesehener Militärkritiker, meint, daß die Deutschen am Njemen nicht nur eine Demonstration machen, sondern die Linie sortieren wollten.
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Der Prozeß von Sarajewo

Sarajevo, 14. Oktober. (W. B.)
Der Angeklagte Cabrinowic hat im Verhör zugestanden, anfangs sozialistischen und dann anarchistischen Ideen gehuldigt zu haben. Später, als er in Belgrad mit dem serbischen Major Vasicz in Berührung kam, bereitete sich in ihm der Umschwung zum serbischen Nationalismus vor. Das Ziel, das er sich vorsetzte, war die gewaltsame Losreißung der südslawischen Länder von Österreich-Ungarn, von der Monarchie und deren Vereinigung mit Serbien. Er kam zum erstenmal auf den Gedanken, den Thronfolger Franz Ferdinand zu ermorden, als ihm ein Zeitungsausschnitt zugesandt wurde, worin es hieß, daß der Thronfolger nach Sarajewo komme. Die Nachricht teilte er auch Pricip mit, welcher ihm zuredete, gemeinsam mit ihm den Anschlag auszuführen.
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Aus England

London, 14. Oktober. (Priv.-Tel.)
London bereitet sich gegen mögliche Überfälle durch deutsche Luftschiffe vor. Rings um die Stadt in den Vorstädten sind starke Fliegerabteilungen postiert. Diese haben schon einmal nachts, als ein für einen feindlichen Streifzug günstiger Wind wehte, blinden Lärm geschlagen. Viele Bürger versichern ihre Häuser gegen die Gefahr eines Luftbombardements. Lloyds berechnen 2½ Prozent Risikoprämie.
Über die Organisation des neuen Heeres wird bekannt, das es nach Gegenden und Berufen gegliedert wird, beispielsweise gibt es ein Regiment von Akademikern, ein Regiment von Sportsleuten, das zum Aufklärungsdienst verwandt wird, und auch ein Regiment von Lehrern.
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Aus Kamerun

Berlin, 14. Oktober. (Amtlich.)
Aus Kamerun liegt eine Meldung des Gouverneurs Ebermaier von Anfang September vor, wonach Stimmung und Gesundheit der weißen Bevölkerung ausgezeichnet ist. Die Eingeborenen verhalten sich ruhig.
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Ostasien

London, 14. Oktober. (Priv.-Tel.)
"Daily Telegraph" erhält ein Telegramm aus Peking, daß die Beschießung von Tsingtau durch die Japaner zunächst eine Verzögerung erlitt, weil infolge Mangels an Straßen sich die Munitionstransporte verzögerten. Die Beschießung soll nunmehr energisch aufgenommen werden.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Tokio und Peking sind nach dieser englischen Quelle gespannt.

Wien, 14. Oktober. (Priv.-Tel.)
Der chinesische Gesandte brachte dem hiesigen Ministerium des Äußern einen von der chinesischen Regierung an ihre Vertretungen im Auslande gerichteten Zirkularerlaß zur Kenntnis, in dem Protest gegen die Besetzung der Eisenbahn Kiautschou-Tsinanfu durch Japan und England erhoben wird.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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