Der
Seekrieg
Die
"Frankfurter Zeitung" schrieb am 25. September 1914:
Die Betrachtungen über die Vernichtung der drei englischen Panzerkreuzer
durch das Unterseeboot "U 9" stimmen darin überein, daß
hiernach die bisher geläufigen Anschauungen über Flottenkämpfe
eine wesentliche Wandlung erfahren müssen. Bisher galt als der eigentliche
und einzige Zweck der Unterseeboote der Schutz der heimischen Küste,
und man hielt es kaum für möglich, daß sie längere
Fahrten von ihren Stützpunkten fort unternehmen könnten. Diese
Meinung wurde schon wesentlich geändert durch die Fahrt der deutschen
Unterseeboote die englische Küste entlang, um überall Minen
zu legen. Jetzt aber weiß man, daß kühn und geschickt
geführte Unterseeboote die feindlichen Schiffe auch in der Ferne
aufzusuchen und zu vernichten vermögen und selbst unter ungünstigen
Verhältnissen Aussicht haben, unversehrt zu entkommen. Natürlich
gehört dazu größte Besonnenheit und Kaltblütigkeit
von Führern und Mannschaften und tadelloses Zusammenarbeiten, wie
es auf dem "U 9" der Fall war. Sein Führer, Kapitänleutnant
Otto Weddigen, besitzt diese Eigenschaften in vollem Maße, und daher
sein großer Erfolg. Weddigen, der Sohn eines Herforder Fabrikbesitzers,
ist in der Unterseebootabteilung seit sechs Jahren tätig. Vorher
gehörte er als junger Seeoffizier zur Besatzung des Flußkanonenboots
"Vaterland" das im Chinafeldzug als erstes Boot durch die Stromschnellen
des Jangtse fuhr. Kommandant des "U 9" wurde er erst bei Beginn
des jetzigen Krieges. Die Eigenschaften, die ihn auszeichnen, sind auch
bei den andern Führern unserer Unterseeboote vorhanden, und ihnen
haben wir das gute Gelingen der Expedition an die englische Küste
zu verdanken. In dem Maße, wie die Wirkungsmöglichkeit dieser
Boote durch die verbesserten Konstruktionen wächst, muß sich
natürlich das ganze Bild des Seekrieges ändern.
Unsere Marine ist aber auch sonst in den verschiedensten Gegenden erfolgreich
tätig gewesen und hat die Gegner weidlich beunruhigt. Daß der
Kreuzer "Emden", der den Engländern in den ostasiatischen
Gewässern schon so viel Schaden zugefügt hat, in der Lage war,
sogar im eigensten englisch-indischen Gebiet, vor Madras, zu erscheinen
und dort zwei Ölbehälter in Brand zu schießen, ist ein
neuer Beweis für die unverminderte Aktionsfähigkeit dieses so
ausgezeichnet geführten Kreuzers. Andere deutsche Kreuzer haben Ähnliches
geleistet. Neben den vielen von ihnen vernichteten Handelsschiffen der
feindlichen Länder ist auch schon eine ansehnliche Zahl solcher Schiffe
gekapert worden. Die englische Zeitung "Lloyd´s List"
zählt nicht weniger als 68 englische Handelsschiffe von im ganzen
169158 Tonnen Wasserverdrängung auf, die seit Beginn des Kriegs gekapert
und in deutschen Häfen festgehalten werden. Die Engländer haben
somit schon reichlich an sich selbst erfahren müssen, daß ihr
Handel unter den Gefahren des Seekriegs sehr erheblich mitleidet. Je aktiver
unsere Flotte durch die Erfolge der Unterseewaffe sich zu zeigen vermag,
um so mehr wird auch die Beeinträchtigung der englischen Handelsschiffahrt
sich fühlbar machen.
Berlin,
25. September. (W. B.)
Der Kaiser hat dem Kommandanten des Unterseebootes "U 9"
Kapitänleutnant Otto Weddigen, das Eiserne Kreuz zweiter und erster
Klasse und den übrigen Offizieren und Mannschaften das Eiserne Kreuz
zweiter Klasse verliehen.
Amsterdam,
25. September. (Priv.-Tel.)
Den bei dem Untergang der drei Panzerkreuzer geretteten Engländern,
286 an der Zahl, wird die Rückkehr nach England freigestellt, da
sie auf hoher See und nicht in den holländischen Gewässern von
den holländischen Schiffen an Bord genommen wurden.
London,
25. September. (W. B.)
"Daily Chronicle" meldet aus Harwich: Man spricht von nichts
anderem als dem Untergang der drei Kreuzer. Die kühne Tat der deutschen
Unterseeboote (bekanntlich handelt es sich um ein einziges: "U 9")
beruhte zweifellos auf einem vorher konstruierten Plan. Die Unterseebootsflottille
wartete eine günstige Gelegenheit zum Angriff ab. Die begleitenden
Schiffe trugen holländische Flaggen und machten keine Anstrengungen,
die ertrinkenden Soldaten zu retten. Die Explosion auf der "Aboukir"
war so heftig, daß von den 800 Mann der Besatzung nur 48 die Katastrophe
überlebten.
Die Zeitungen heben bei der Besprechung des Verlustes der Panzerkreuzer
hervor, daß zwei der Kreuzer von den Torpedos getroffen wurden,
als sie damit beschäftigt waren, die Mannschaft des zuerst getroffenen
zu retten. Sie meinen, daß dies eine Revision der gegenwärtigen
Gebräuche bei der Rettung von Mannschaften von Schiffen, die im Sinken
begriffen sind, nötig mache, besonders feindlichen Schiffen gegenüber.
Die Blätter betonen, daß die englischen Schiffe, die in dem
Treffen bei Helgoland die deutschen Marinemannschaften retteten, (Über
diese "Rettung" ist die Öffentlichkeit mittlerweile aufgeklärt
worden.) leicht das gleiche Schicksal hätte treffen können.
Sie heben weiter hervor, daß, obwohl die Engländer sich bisher
der Anwendung von Unterseeminen enthalten hätten, sie sich jetzt
vielleicht genötigt sähen, sich solcher zu bedienen und eine
Kette davon um die "Küsten des Feindeslandes zu legen"
wodurch sowohl die feindlichen Großkampfschiffe als auch die Unterseeboote
eingeschlossen würden.
London,
25. September. (W. B.)
Das Reutersche Bureau meldet aus Rio de Janeiro: Der deutsche Dampfer
"Preußen" ist in Santos angekommen; er schiffte den Kapitän
und 15 Mann von der "Indian Prince" aus, die von dem "Kronprinz
Wilhelm" in den Grund gebohrt worden war. Nach einem Lloyd-Telegramm
ist der Rest der Besatzung an Bord der "Ebernburg". 2)
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