Der Weltkrieg am 25. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Sperrfort Camp des Romains gefallen

Großes Hauptquartier, 25. Sept., abends. (Amtlich.)
Der Fortgang der Operationen hat auf unserem äußersten rechten Flügel zu neuen Kämpfen geführt, in denen eine Entscheidung bisher nicht gefallen ist.
In der Mitte der Schlachtfront ist heute, von einzelnen Vorstößen beider Parteien abgesehen, nichts geschehen.
Als erstes der Sperrforts südlich von Verdun ist heute Camp des Romains bei St. Mihiel gefallen. Das bayerische Regiment "von der Tann" hat auf dem Fort die deutsche Fahne gehißt und unsere Truppen haben dort die Maas überschritten.
Im übrigen weder im Westen noch im Osten irgendwelche Veränderungen.
1)

 

Die Kämpfe im Westen

Paris, 25. September. (Priv.-Tel.)
Nach einem am 25. nachmittags 3 Uhr ausgegebenen Bulletin finden im Zentrum außerordentlich heftige Kämpfe statt, bei denen es den Deutschen an der Maas nördlich von Verdun gelungen ist, sehr wichtige Erfolge davonzutragen.
Das Bulletin besagt weiter: Auf unserer Linken findet eine allgemeine, sehr heftige Aktion zwischen unseren Kräften, welche zwischen der Somme und der Oise stehen, und den deutschen Armeekorps statt, welche der Feind bei Tergnier (westlich von La Fere) und St. Quentin zusammengezogen hat. Einige dieser deutschen Korps sind vom Zentrum hierhin gekommen, andere aus Lothringen und den Vogesen, und zwar sind diese über Lüttich und Valenciennes nach Cambrai transportiert worden.
2)

 

Die Kämpfe im Osten

Petersburg 25. September (Priv.-Tel.)
Ein heute ausgegebenes russisches Bulletin besagt: Die Deutschen befestigen die die galizische Grenze beherrschenden Hügel im Süden des Gouvernements Kielce, mit dem offenbaren Zweck, den Vorstoß eines Hilfskorps von Schlesien nach Krakau zu decken. Ein heftiger Kampf scheint in diesem Gebiet bevorzustehen.

Wien, 25. September. (Priv.-Tel.)
Das Krakauer Blatt "Naprzod" berichtet, daß der Oberkommandierende der deutschen Armeen in Russisch-Polen dieser Tage folgenden Aufruf unter der Landbevölkerung verbreiten ließ:

Das räuberische Moskowitertum, das dieses Land bestahl und seine Bewohner nach Sibirien hinausschleppte, flüchtete jetzt vor den Befreiern der polnischen Nation, das ist vor den deutschen und österreichisch-ungarischen Armeen. Aber obwohl schon in Flucht, häuft das Moskowitertum noch eine Schmach auf die andere. In die Häuser ruhiger polnischer Bürger schleichen Agenten und Spione ein und töten aus dem Hinterhalt deutsche und österreichisch-ungarische Soldaten. Durch solche schmachvolle Taten wollen sie dem polnischen Volk schaden, durch solche Taten wollen sie einen Verdacht auf das polnische Volk lenken, damit es unschuldig leide. Das Geld, das die russische Regierung aus den polnischen Bürgern heraussaugt, wird jetzt dazu verwendet, um Mörder zu dingen, die das Land ins Unglück und Verderben hineinreißen sollen. Gebet acht, daß in euere Häuser sich keine Spione und Agenten einschleichen. 2)

 

Der Seekrieg

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb am 25. September 1914:
Die Betrachtungen über die Vernichtung der drei englischen Panzerkreuzer durch das Unterseeboot "U 9" stimmen darin überein, daß hiernach die bisher geläufigen Anschauungen über Flottenkämpfe eine wesentliche Wandlung erfahren müssen. Bisher galt als der eigentliche und einzige Zweck der Unterseeboote der Schutz der heimischen Küste, und man hielt es kaum für möglich, daß sie längere Fahrten von ihren Stützpunkten fort unternehmen könnten. Diese Meinung wurde schon wesentlich geändert durch die Fahrt der deutschen Unterseeboote die englische Küste entlang, um überall Minen zu legen. Jetzt aber weiß man, daß kühn und geschickt geführte Unterseeboote die feindlichen Schiffe auch in der Ferne aufzusuchen und zu vernichten vermögen und selbst unter ungünstigen Verhältnissen Aussicht haben, unversehrt zu entkommen. Natürlich gehört dazu größte Besonnenheit und Kaltblütigkeit von Führern und Mannschaften und tadelloses Zusammenarbeiten, wie es auf dem "U 9" der Fall war. Sein Führer, Kapitänleutnant Otto Weddigen, besitzt diese Eigenschaften in vollem Maße, und daher sein großer Erfolg. Weddigen, der Sohn eines Herforder Fabrikbesitzers, ist in der Unterseebootabteilung seit sechs Jahren tätig. Vorher gehörte er als junger Seeoffizier zur Besatzung des Flußkanonenboots "Vaterland" das im Chinafeldzug als erstes Boot durch die Stromschnellen des Jangtse fuhr. Kommandant des "U 9" wurde er erst bei Beginn des jetzigen Krieges. Die Eigenschaften, die ihn auszeichnen, sind auch bei den andern Führern unserer Unterseeboote vorhanden, und ihnen haben wir das gute Gelingen der Expedition an die englische Küste zu verdanken. In dem Maße, wie die Wirkungsmöglichkeit dieser Boote durch die verbesserten Konstruktionen wächst, muß sich natürlich das ganze Bild des Seekrieges ändern.
Unsere Marine ist aber auch sonst in den verschiedensten Gegenden erfolgreich tätig gewesen und hat die Gegner weidlich beunruhigt. Daß der Kreuzer "Emden", der den Engländern in den ostasiatischen Gewässern schon so viel Schaden zugefügt hat, in der Lage war, sogar im eigensten englisch-indischen Gebiet, vor Madras, zu erscheinen und dort zwei Ölbehälter in Brand zu schießen, ist ein neuer Beweis für die unverminderte Aktionsfähigkeit dieses so ausgezeichnet geführten Kreuzers. Andere deutsche Kreuzer haben Ähnliches geleistet. Neben den vielen von ihnen vernichteten Handelsschiffen der feindlichen Länder ist auch schon eine ansehnliche Zahl solcher Schiffe gekapert worden. Die englische Zeitung "Lloyd´s List" zählt nicht weniger als 68 englische Handelsschiffe von im ganzen 169158 Tonnen Wasserverdrängung auf, die seit Beginn des Kriegs gekapert und in deutschen Häfen festgehalten werden. Die Engländer haben somit schon reichlich an sich selbst erfahren müssen, daß ihr Handel unter den Gefahren des Seekriegs sehr erheblich mitleidet. Je aktiver unsere Flotte durch die Erfolge der Unterseewaffe sich zu zeigen vermag, um so mehr wird auch die Beeinträchtigung der englischen Handelsschiffahrt sich fühlbar machen.

Berlin, 25. September. (W. B.)
Der Kaiser hat dem Kommandanten des Unterseebootes "U 9" Kapitänleutnant Otto Weddigen, das Eiserne Kreuz zweiter und erster Klasse und den übrigen Offizieren und Mannschaften das Eiserne Kreuz zweiter Klasse verliehen.

Amsterdam, 25. September. (Priv.-Tel.)
Den bei dem Untergang der drei Panzerkreuzer geretteten Engländern, 286 an der Zahl, wird die Rückkehr nach England freigestellt, da sie auf hoher See und nicht in den holländischen Gewässern von den holländischen Schiffen an Bord genommen wurden.

London, 25. September. (W. B.)
"Daily Chronicle" meldet aus Harwich: Man spricht von nichts anderem als dem Untergang der drei Kreuzer. Die kühne Tat der deutschen Unterseeboote (bekanntlich handelt es sich um ein einziges: "U 9") beruhte zweifellos auf einem vorher konstruierten Plan. Die Unterseebootsflottille wartete eine günstige Gelegenheit zum Angriff ab. Die begleitenden Schiffe trugen holländische Flaggen und machten keine Anstrengungen, die ertrinkenden Soldaten zu retten. Die Explosion auf der "Aboukir" war so heftig, daß von den 800 Mann der Besatzung nur 48 die Katastrophe überlebten.
Die Zeitungen heben bei der Besprechung des Verlustes der Panzerkreuzer hervor, daß zwei der Kreuzer von den Torpedos getroffen wurden, als sie damit beschäftigt waren, die Mannschaft des zuerst getroffenen zu retten. Sie meinen, daß dies eine Revision der gegenwärtigen Gebräuche bei der Rettung von Mannschaften von Schiffen, die im Sinken begriffen sind, nötig mache, besonders feindlichen Schiffen gegenüber. Die Blätter betonen, daß die englischen Schiffe, die in dem Treffen bei Helgoland die deutschen Marinemannschaften retteten, (Über diese "Rettung" ist die Öffentlichkeit mittlerweile aufgeklärt worden.) leicht das gleiche Schicksal hätte treffen können. Sie heben weiter hervor, daß, obwohl die Engländer sich bisher der Anwendung von Unterseeminen enthalten hätten, sie sich jetzt vielleicht genötigt sähen, sich solcher zu bedienen und eine Kette davon um die "Küsten des Feindeslandes zu legen" wodurch sowohl die feindlichen Großkampfschiffe als auch die Unterseeboote eingeschlossen würden.

London, 25. September. (W. B.)
Das Reutersche Bureau meldet aus Rio de Janeiro: Der deutsche Dampfer "Preußen" ist in Santos angekommen; er schiffte den Kapitän und 15 Mann von der "Indian Prince" aus, die von dem "Kronprinz Wilhelm" in den Grund gebohrt worden war. Nach einem Lloyd-Telegramm ist der Rest der Besatzung an Bord der "Ebernburg".
2)

 

Die Minengefahr

London, 25. September. (W. B.)
In South Shields sind die Überlebenden des norwegischen Dampfers "Hesvik" gelandet. Der Kapitän berichtete, daß die "Hesvik" Mittwoch Nacht in der Nordsee durch eine Mine in die Luft gesprengt wurde. Ein Maschinist und ein Heizer sind umgekommen. Die Überlebenden brachten die Nacht in einem offenen Boote zu, bis sie gerettet wurden.
2)

 

Die Kolonialkämpfe

Pretoria, 25. September. (W. B.)
Nach einer amtlichen Reuter-Meldung hat sich der deutsche Posten in Schuckmannsburg am Sambesi am 21. September der rhodesischen Polizeitruppe ergeben.
2)

 

Rumänien bleibt neutral

Bukarest, 25. September. (Priv.-Tel.)
Der heutige Ministerrat beschloß, daß Rumänien neutral bleiben soll.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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