Der Weltkrieg am 21. August 1914

 

Neue Siege in Lothringen

Saarbrücken, 21. Aug. (Zensiert stellvertretendes Generalkommando 21. Armeekorps. Priv.-Tel.)
Die Armee in Lothringen hat in der Gegend westlich und östlich von Dieuze glänzende Siege erfochten. Tausende von Gefangenen wurden gemacht, viele Geschütze und Maschinengewehre erbeutet. Die Haltung der aktiven und der Reserve-Truppen war glänzend.
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Der große Sieg in Lothringen

Kronprinzen Rupprecht von Bayern

Kronprinzen Rupprecht von Bayern

Berlin, 21. Aug. (W. B.)
Unter Führung des Kronprinzen von Bayern haben Truppen aller deutschen Stämme gestern in Schlachten zwischen Metz und den Vogesen einen Sieg erkämpft. Der mit starken Kräften in Lothringen vordringende Feind wurde auf der ganzen Linie unter schweren Verlusten geworfen; viele Tausend Gefangene und zahlreiche Geschütze sind ihm abgenommen worden. Der Gesamterfolg läßt sich noch nicht übersehen, da das Schlachtfeld einen größeren Raum einnimmt, als in den Kämpfen von 1870/71 unsere gesamte Armee in Anspruch nahm. Unsere Truppen, beseelt von dem unaufhaltbaren Drang nach vorwärts, folgen dem Feind und setzen den Kampf auch heute fort.
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Unsere Flotte und die feindliche Schiffahrt

Berlin, 21. Aug. (Priv.-Tel.) 
Nach einem Telegramm des "Nieuwe Rotterdamsche Courant" bedrohen unsere deutschen Kriegsschiffe in Ostasien englische Kauffahrteischiffe. Der deutsche Kreuzer "Emden" soll ein Schiff von der freiwilligen russischen Flotte genommen haben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß auch auf anderen Meeren unsere Kreuzer in dieser Weise gegen den feindlichen Handel verfahren.
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Der Geburtstag Kaiser Franz Josefs

Kaiser Franz Josef

Kaiser Franz Josef

Wien, 21. Aug. (W. B.) 
Der Armee-Oberkommandant, Erzherzog Friedrich, richtete an den Kaiser anläßlich dessen Geburtstags folgendes Glückwunschtelegramm:

Im Namen der mir durch die Allerhöchste Gnade Ew. Majestät unterstellten gesamten Land- und Seestreitkräfte der Monarchie bitte ich Ew. Majestät, anläßlich des heutigen Allerhöchsten Geburtsfestes unsere alleruntertänigsten, aus treuestem Soldatenherzen kommenden Glück- und Segenswünsche der gesamten Wehrmacht entgegenzunehmen. Zu hartem Kampfe gerüstet, im Norden und Süden mit den Spitzen schon in Feindesland blicken Armee und Flotte heute wie seit fast 70 Jahren in begeisterter Huldigung zu Ew. Majestät auf, ihrem erlauchten Vorbild unentwegter treuester Pflichterfüllung. Armee und Flotte erheben heute mit doppelter Inbrunst den Blick zu Gott dem Allmächtigen und flehen in heißem Gebet seinen Schutz und reichsten Segen auf das ehrwürdige, geheiligte Haupt Ew. Majestät, unseres allverehrten, allergnädigsten Kaisers und Königs herab. Eingedenk ihrer großen Traditionen erheben Armee und Flotte heute aber auch die blanke, scharfe Wehr zum Himmel und erneuern hochgemuten, freudigen Herzens den von unseren Vorfahren auf unzähligen Schlachtfeldern besiegelten, auch diesmal schon von manchem Kameraden erfüllten Soldateneid, in den Stürmen der Schlachten, in Not und Tod treu bis zum letzten Atemzuge zu stehen oder in Ehren zu sterben für Österreich-Ungarns Ruhm und Größe, Gut und Blut freudig hinzugeben für Ew. Majestät, unseren allergnädigsten Kriegsherrn, für unser geliebtes Vaterland. Wir alle erbitten uns die allerhöchste Gnade, Ew. Majestät huldigen zu dürfen mit dem begeisterten Jubelruf: Gott segne, Gott erhalte und beschütze Ew. Majestät, unseren heißgeliebten, allergnädigsten Kaiser, König und Kriegsherrn.

Gez.
Erzherzog Friedrich,
General der Infanterie.

Wien, 21. Aug. (W. B.) 
Der Kaiser hat Erzherzog Friedrich folgendes Antworttelegramm zugehen lassen:

Der Beginn des 85. Jahres meines der Wohlfahrt meiner Staaten und dem Gedeihen meiner Wehrmacht gewidmeten Lebens fand durch die mich tief ergreifende Beglückwünschung, welche Ew. Hoheit mir im Namen aller Ihnen unterstellten Streitkräfte zu Lande und zur See ausdrückten, eine besondere Weihe. In dem Sturm, der die Monarchie umbraust, sehe ich aufrecht, tapfer und todesmutig die gesamte Wehrmacht, mächtig begeistert, wie die Völker, deren kriegspflichtige jugendliche Blüte nicht bloß, sondern auch deren männlich gereiften, älteren Teil sie umfaßt. Ihnen und allen Führern, die mein Vertrauen und der Segen des Vaterlandes geleitet, sowie allen Braven, die kämpfen für Österreich-Ungarns Ehre und Bestand, allen sage ich meinen wärmsten Dank, allen sende ich den Herzensgruß ihres Kriegsherrn. 

Franz Josef m. p. 2)

 

Panik in Brüssel vor dem Einzug der Deutschen

Amsterdam, 21. Aug. (Priv.-Tel.) 
Fast bis zum letzten Augenblick wußte man in Brüssel, wo man nicht an den Fall Lüttichs glaubte, das Heranrücken der Deutschen zu verheimlichen, was die Konsternation um so größer machte, als vorgestern Nacht drei Uhr Bürgermeister Max die bereits telegraphierte Proklamation anschlagen ließ, in der die Bürger noch aufgefordert werden, sich jeder Feindseligkeit und jeden Waffengebrauchs zu enthalten. Auch werden die Bürger aufgefordert, jede Auskunft über belgische Truppen zu verweigern und sich vor Spionen und Agenten zu hüten. Das Privateigentum und Leben der Bürger, die religiöse und philosophische Überzeugung müsse der Feind gemäß den Gesetzen in Ehren halten. So lange er (der Bürgermeister) lebe, werde er mit aller Kraft die Bürger beschützen. Diese Proklamation wirkte wie ein Donnerschlag, und die Flucht zahlreicher Bürger nach Gent und den umliegenden Orten begann.
Um 11 Uhr gestern früh zogen die ersten deutschen Kavallerieabteilungen an der Porte de Louvain ein. Bürgermeister Max war den deutschen Truppen entgegen gegangen und ließ bei ihrer Ankunft die weiße Flagge hochziehen. Der kommandierende deutsche Offizier trat vor, unterhielt sich einige Augenblicke freundlich mit dem Bürgermeister und gab die absolute Versicherung ab, daß der Stadt keinerlei Leids geschehe, so lange sie sich still halte und von jeder Feindseligkeit absehe.
Beim Näherrücken auf Brüssel bemächtigte sich der Einwohner der benachbarten Orte ein furchtbarer Schreck. Die Landstraßen waren voll Wagen, bepackt mit Menschen und Hausgerät, die Brüssel zustrebten. Die Panik war derart, daß ein englischer Kinophotograph Entsetzen und Geheul hervorrief, als er seinen Apparat auf die Flüchtenden richtete, da sie annahmen, es sei eine Mitrailleuse.
Der Korrespondent des "Nieuwe Rotterdamsche Courant", dem es geglückt ist, Nachrichten hierher zu bringen, sagt, daß in Brüssel eine große Zahl englischer Korrespondenten weilt, die seit Tagen keine einzige Nachricht befördern konnten. Die englischen Journalisten streben Ostende zu. Brüssel ist wie ausgestorben, die sonst gedrängt volle Geschäftsader, der Boulevard Anspach, still wie ein Friedhof. Große Angst herrschte, daß für die Zerstörung einiger deutscher Restaurants und Geschäftshäuser Strafmaßregeln genommen würden. Die Barrikaden, die von der Bürgergarde in den letzten Tagen erstellt wurden und die Stacheldrahtsperren wurden von den Bürgern in aller Eile entfernt, da der verständige Befehl gekommen war, eine zwecklose Verteidigung der offenen Stadt aufzugeben.

Berlin, 21. Aug. (Priv.-Tel.) 
Gestern der Einzug in Brüssel, die Ostsee frei von Feinden, unsere Nordseeküsten sind frei, unser gegen Belgien vorgehendes Heer in unaufhaltsamem Vordringen! Und heute kam die Nachricht, auf die wir gehofft, nein, die wir erwartet haben, die Nachricht, die bekräftigt, was wir in den ereignisschwangeren ersten Tagen dieses Monats immer wieder geschrieben haben: Wir werden siegen und wir müssen siegen! Heute heißt es, wir haben gesiegt, denn wer die knappe und ehrliche Sprache der Berichterstattung unserer Heeresleitung kennt, der ist frei von dem Zweifel über die große Tragweite der siegreichen Nachricht, die von dem Schlachtfeld oder richtiger den Schlachtfeldern kommt, auf denen unter der Führung des bayerischen Kronprinzen Truppen aller deutschen Staaten zwischen Metz und den Vogesen siegreich gegen die Franzosen gekämpft, ihnen schwere Verluste zugefügt, viele tausend Gefangene und zahlreiche Geschütze abgenommen haben. Noch fehlen einzelne Schilderungen, noch kennt man nicht die Namen dieser Schlachtfelder, sondern nur das große Gebiet, auf dem sich der Kampf abspielte. Aber kein Zweifel, das war die erste große moderne Schlacht, die Schlacht von Bedeutung für den weiteren Fortgang der Ereignisse auf dem westlichen Kriegsschauplatz, die Schlacht, wenn man schon vergleichen will, die wahrscheinlich zu vergleichen sein wird mit dem, was sich vor 44 Jahren und wenigen Tagen nicht weit von dem heutigen Schlachtfeld von Metz abgespielt hat. Wahrscheinlich dauern diese Kämpfe, wie es in modernen Schlachten in den letzten Jahren ist, fort, aber der Generalstab würde nicht so berichtet haben, wie er berichtet hat, wenn er nicht sicher wäre, daß der Sieg bereits endgültig in unseren Händen ist und daß es sich jetzt nur noch um die Verfolgung des Feindes und um die Ausnutzung des Sieges handelt, und so wird es weiter gehen. Der Geist, in dem das deutsche Volk diesen Krieg begonnen hat und führt, und die Tüchtigkeit unserer Armee und unseres Volkes in Waffen sind die besten Grundlagen des Vertrauens auf den endgültigen Erfolg.
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Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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